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  • In Luxemburg kocht Stay Behind hoch; Ein Geheimdienstprozess erschüttert das Großherzogtum

    Der Luxemburger Geheimdienstskandal bietet ganz großes Kino: Eine James-Bond-Uhr, Spezialagenten, Bombenanschläge, Verwicklung ausländischer Mächte, Cover Up, Hochverrat durch einen Geheimdienstchef und eine ruchbare Intrige im Hochadel. Ein Untersuchungsausschuss sowie ein Strafprozess gegen zwei vormalige Angehörige einer Polizeispezialeinheit sollen das trübe Kapitel aus dem Kalten Krieg beleuchten – mit Staatschef Jean-Claude Juncker nebst Hochadel und Geheimdienstelite im Zeugenstand.

    In den 1980er Jahren wurde das Großherzogtum Luxemburg von einer bis heute ungeklärten Serie an Bombenanschlägen terrorisiert, die Strommasten, Polizeistationen, den Justizpalast, den Flughafen, ein Schwimmbad, ein Gaswerk und auch eine Zeitung beschädigten. Ein Mensch wurde durch eine raffinierte Sprengfalle verletzt, eine weitere hätte beinahe Todesopfer gefordert. Ein erstes angebliches Bekennerschreiben eines “Mouvement Ecologiste Combattant” schien die grüne Bewegung in Misskredit zu bringen. Zwar reagierte man auf lancierte Forderungen nach Schutzgeld, das etwa während des Papstbesuchs hätte übergeben werden sollte, in dem die Behörden Geldkoffer an den gewünschten Stellen bereitstellten. Statt diese abzuholen, schilderten die erstaunlich gut informierten Bombenleger jedoch präzise, wer genau ihnen alles vor Ort eine Falle stellte. Etwa zur selben Zeit gab es in der Bundesrepublik Deutschland Anschläge, die ohne harte Beweise einer mysteriösen “Dritten Generation der RAF” zugeschrieben wurden, die deutlich professioneller als ihre Vorgänger agierte, deren politische Motive dafür jedoch diffus blieben.

    Ein Luxemburger Ehepaar, das einen der Bombenleger beobachtet hatte, fühlte sich von der Polizei nicht ernst genommen. Statt sie als Zeugen anzuhören, habe man auf sie eingeredet und Verwirrung gestiftet. Beim Anfertigen eines Phantombilds hätten sich die Beamten bemüht, das Ergebnis von den Beschreibungen abweichend zu zeichnen. Das behördliche Desinteresse erinnert an die unzähligen “Ermittlungspannen”, die den Behörden anderer NATO-Länder in den 1980er Jahren bei der Aufklärung von Terroranschlägen unterliefen. Vor allem der geringe Sachschaden sah dem damals nur wenige Jahre zurückliegenden Celler Loch ähnlich, selbst eine Neuauflage der geheimdienstlichen Operation Nordpol.

    Mr ?

    Vor einigen Jahren tauchte bei RTL ein Zeuge auf, der anonym bleiben wollte, und darauf bestand, ausschließlich und persönlich mit Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker zu sprechen. Das Treffen wurde schließlich gewährt und der Mann informierte Juncker über eine Person, die er beobachtet habe. Er gab an, die Luxemburger Sûreté habe ihn davor gewarnt, diesen Namen zu nennen, er habe sonst mit persönlichen Konsequenzen zu rechnen. Der Informant schrieb Juncker den Namen auf einen Zettel, worauf hin der Regierungschef den Großherzog persönlich aufsuchte. Beim Namen soll sich um keinen Geringeren als “Jean Nassau” handeln – den zweitgeborenen Bruder des Großherzogs Henri. “Mäi Gott”!

    Auch das genannte Ehepaar wollte den Prinzen erkannt haben. Doch Hoheit erinnerte sich nach 20 Jahren, an diesem Tag in den Wäldern des Loir-et-Cherwaren der Jagd gefrönt zu haben und stellte sein Alibi mit Zeugen und einem Brief seiner Verlobten unter Beweis. Der Informant soll inzwischen verstorben sein.

    Mr M

    Ein Schattenmann namens “M” schien ein Freund und Kollege von André Kemmer zu sein, einem Offizier des Luxemburger Geheimdienstes SREL. M fiel offenbar der Mitschnitt eines abgehörten Gesprächs zwischen Juncker und dem Großherzog in die Hände. M sandte dem Geheimdienst SREL eine verschlüsselte CD, auf der die Aufzeichnung angeblich zu hören ist. Der SREL will den Code aber bis heute nicht geknackt haben.

    Mr Mille

    Juncker bat 2008 den damaligen Luxemburger Geheimdienstchef Marco Mille zur Unterredung. Mille berichtete, dass der Großherzogliche Hof in Luxemburg sich um Abhörtechnik für Telefongespräche bemüht hätte, wobei man mit dem Geheimdienst ihrer Majestät konspiriert hätte. Die Verbindungen ins Vereinigte Königreich sind exzellent, da der Luxemburger Hochadel seine Sprösslinge auf britische Schulen zu senden pflegte.

    Geheimdienstchef Mille war sich nicht zu schade dafür, das Gespräch mit seinem politischen Vorgesetzten ebenfalls heimlich aufzuzeichnen, wobei sich der Schattenmann stilecht einer verwanzten Armbanduhr bediente. Wie inzwischen bekannt ist, kam es damals zu weiteren illegalen Abhöraktivitäten. Die Peinlichkeit wurde perfekt, als der Mitschnitt aus der Spezialuhr seinen Weg in die Öffentlichkeit fand. Der SREL soll seinerzeit auch ergebnislos versucht haben, M abzuhören, indem man ihm ein präpariertes Mobilfunktelefon unterjubelte. Der damalige Geheimdienstchef Mille ist heute Sicherheitschef beim deutschen Siemens-Konzern (wo man sich von der Mobilfunksparte längst verabschiedet hat und Armbanduhren zu retouchieren pflegt). Strafrechtlich betrachtet ist die Abhöraktion inzwischen verjährt.

    Tote E-Mail-Briefkästen

    Das Aufrollen des Bombenleger-Falls ist nicht unwesentlich das Resultat zweier Journalisten des Luxemburger Senders RTL, Nico Graf und Marc Thoma, die sich über 15 Jahre nicht beirren ließen. Sie richteten 2005 für Whistleblower eigens die E-Mail-Adresse “bomm@rtl.lu” ein. Die Staatsanwaltschaft kopierte diese Idee, wobei sich die Behörde der Dienste von Hotmail bediente: “enquete85@hotmail.com”. 10 Tage nach Einrichtung dieser Hotmail-Adresse entrüstete sich ein unbekannter Hacker über die laxen Sicherheitsstandards der Staatsanwaltschaft und mailte Logindaten nebst Passwort an die RTL-Adresse. Dies führte zu einer Hausdurchsuchung bei RTL, über die sich der Sender bitter beklagte.

    “Super-Flic”

    Zwischenzeitlich wurde als Hauptfigur der Polizist Ben Geiben gehandelt, der Ende der 1970er Jahre die “Brigade mobile de la Gendarmerie” aufgebaut hatte, der die beiden Angeklagten angehörten. Geiben hatte die Polizei überraschend Jahre vor den Anschlägen verlassen. Bereits 1985 geriet er wegen seines damals kaum erklärbaren Berufswechsels und aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse in einen vagen Anfangsverdacht. Sein Nachfolger ließ ihn deshalb erfolglos beschatten. Geiben begründete sein Ausscheiden aus dem Polizeidienst mit seiner Homosexualität, mit der er die Behörde im katholischen Luxemburg nicht in Verruf habe bringen wollen.

    “Ermittlungspannen”

    Am Montag begann nun der Prozess gegen die zwei Polizisten Jos Wilmes und Marco Scheer, denen man vorwirft, sie hätten als Angehörige der “Brigade mobile de la Gendarmerie (BMG)” gemeinsam mit zwei weiteren (inzwischen verstorbenen) Kollegen die Anschläge inszeniert, um mehr Mittel für die Ordnungskräfte durchzusetzen. Im Verlauf der Ermittlungen verschwanden 88 von 125 Beweisstücken. Mal versickerten Beweise, die man zur Sicherung eines Fingerabdrucks an das deutsche BKA geschickt hatte, auf dem Rückweg, mal auf dem Weg zum amerikanischen FBI, mal brach in einem Archiv Feuer aus. Anzeige

    Der ermittelnde Staatsanwalt Biever schrieb schließlich seinem Justizminister einen offenen Brief, in dem er sich insbesondere darüber beschwerte, dass bei der Polizei offenbar “Amnesie” grassiere. Der “Gedächtnisverlust” nehme mit dem Rang der Vernommenen bis rauf zur Polizeiführung zu. Geibens Nachfolger konnte sich an erstaunlich viele Details aus dieser Zeit erinnern, nicht aber, dass er eine Beschattung seines eigenen Vorgängers angeordnet hätte, und musste seine Dienstmütze nehmen. Die Luxemburger nahmen den Fall zum Anlass, ihr Strafgesetzbuch um den Tatbestand “entrave à la justice” nachzubessern, was in etwa der deutschen “Strafvereitelung” entspricht.

    Whistleblower?

    Doch seit letzter Woche gibt es in der Luxemburger Geheimdienst-Saga einen weiteren Akteur. So diente sich den beiden Journalisten nunmehr ein geheimnisvoller Whistleblower an, der berichtete, er habe als Unteroffizier dem sagenumwobenen Stay Behind-Netzwerk der NATO angehört, landläufig auch als GLADIO bekannt. Man habe seinerzeit das trainiert, was die Bombenleger auch gemacht hätten: So habe man im Schatten des NATO-Manövers “Oesling 84” auch die Stay-Behind-Saboteure getestet. Die Übung sah vor, die regulären Ordnungskräfte, Soldaten etc. als sowjetische Besatzer zu betrachten und sich an diesen vorbeischleichen, um unentdeckt etwa an Hochspannungsmasten symbolisch rote Klebepunkte anbringen. Die Markierungen hätten “Bombe erfolgreich gelegt/Mast gesprengt”bedeutet. Die Saboteure seien von England aus im Tiefflug eingeflogen und mit dem Fallschirm abgesetzt worden – OSS/CIA-Style.

    Wie das Luxemburger Tageblatt meldet, wurden von Premierminister Jean-Claude Juncker und Verteidigungsminister Jean-Marie Halsdorf mittlerweile in einer parlamentarischen Dringlichkeitsanfrage zusätzliche Informationen zu Stay Behind gefordert.

    Stay Behind gehört allerdings nach wie vor zu den sensibelsten Geheimnissen, die es in der NATO-Welt gibt. Manche Regierungschefs wurden von ihren Militärs nicht einmal über die Existenz der hochgeheimen Netzwerke informiert. Offenbar ist das unheimliche Netzwerk sogar älter als die NATO und wurde von den Diensten parallel aufgebaut und unterhalten.

    Platzt der Bombenleger-Prozess?

    Das Verfahren wird in Luxemburg als “Jahrhundertprozess” bezeichnet. Als Zeugen geladen sind Jean-Claude Juncker, die Prinzen Jean und Guillaume sowie Ex-Statsminister Jacques Santer sowie der Justizminister und diverse Schattenmänner. Die Verfahrensdauer wird auf drei Monate veranschlagt, 90 Zeugen sollen vernommen werden. Als sei der Fall noch nicht skurril genug, so heißt der im Prozess agierende Staatsanwalt ausgerechnet Oswald – ein Omen dafür, dass die Monarchie nach Bauernopfern wie die beiden Polizisten verlangt?

    Die Strafverteidiger forderten die Vertagung des Verfahrens. Der für sein Temperament bekannte Rechtsanwalt Gaston Vogel und seine Kollegin Lydie Lorang sparten nicht mit Kritik an den Behörden und beklagten die massiven Beweisverluste. Vogel veröffentlichte bereits letzte Woche einen offenen Brief an Premierminister Juncker.

    Verteidiger Vogel ist vom Alibi des jagenden Prinzen keineswegs überzeugt. So gab der Zeuge an, den Prinzen um 3.30 Uhr in der Nähe des Tatorts gesehen zu haben, während das Alibi erst ab etwa 12 Uhr greift. Auch in den 1980er Jahren vermochte man die Distanz von 500 Kilometern innerhalb von etwa acht Stunden zu überwinden. Warum allerdings der Blaublütige persönlich vor Ort gewesen sein soll, ist unklar.

    Geheimdienst-Wiki

    Um die komplexe Angelegenheit zu illustrieren, haben Aktivisten inzwischen ein Wiki aufgesetzt und als Domain hierfür frech den Namen des Geheimdienstes SREL.lu gekapert. Auch eine Mindmap soll bei der Orientierung helfen.

    Wer immer Mitte der 1980er im Großherzogtum Bomben gelegt haben mag, “d’Kommunisten” scheinen es nicht gewesen zu sein.

    Markus Kompa 27.02.2013

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    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    Luxemburgs Schattenkämpfer; Der Santer-Bericht zu “Stay behind”

    Der Bericht aus Jahr 1990 zu dem Luxemburger “Stay behind”-Netzwerk.

    (str) -Hausfrauen, Lehrer, Handwerker und Eisenbahner als mit Funkgeräten ausgerüstete Geheimagenten. Drei Kisten mit Waffen in einer Wiese begraben. Das könnten die Zutaten eines spannenden Spionageromans sein. Es sind aber die Details des Berichts von Ex-Premier Santer aus Jahr 1990 zu dem Luxemburger “Stay behind”-Netzwerk. Ein Bericht der wort.lu vorliegt.

    Die Erwartungen waren sehr hoch gesteckt, als am 17. Dezember 1990 Premierminister Jacques Santer den parlamentarischen Verfassungsausschuss über das geheime “Stay Behind”-Netzwerk informierte. Wirklich viel verriet Santer damals nicht. Dennoch war es das erste Mal, dass überhaupt von offizieller Seite über diese geheime Struktur aufgeklärt wurde – und bislang auch zum letzen Mal.

    Am Rande der “Affär Bommeleeër” sind die Diskussionen um “Stay Behind ” nun wieder aufgeflammt. Da verschiedene Abgeordnete die Aufklärungsarbeit Santers über “diese wichtige Seite der Luxemburger Geschichte” als unzureichend empfinden, könnte dieses Relikt des Kalten Krieges nun zum Politikum werden. Am Dienstag beauftragte der parlamentarische Justizausschuss den Verteidigungsausschuss, sich noch einmal mit dem Thema zu befassen.

    In der Sitzung des Verfassungsausschusses Mitte Dezember 1990 beginnt Santer seine Erläuterungen indem er aus aus den Archiven des Geheimdienstes zitiert, dass 1952 ein “Comité Clandestin de Planning” (CCP) gegründet wird. Zur CCP gehören Luxemburg, Belgien, Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Niederlande. Als 1958 die USA dazu kommen, wird die Organisation in Allied Coordination Comitee (ACC) umgetauft.

    Der CCP untersteht dem militärischen strategischen NATO-Hauptquartier SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe). Die Aufgabe des CCP besteht darin, zu Friedenszeiten die Verbindung zwischen dem Hauptquartier der alliierten Streitkräfte und den nationalen Geheimdiensten herzustellen. In Luxemburg handelte es sich in der Nachkriegszeit um das “Deuxième Bureau de l’Etat Major de l’Armée” – dem auch “Stay Behind” untersteht. 1960 wird der “Service de Renseignement” (SREL) gegründet und übernimmt die alleinige Verantwortung für das “Stay Behind”-Netz.

    Es ist ein geheimes Widerstandsnetzwerk, wie Santer erklärt. Obwohl es bereits 1952, zur Zeit des Korea-Krieges entsteht, wird es erst 1956 nach der Invasion Ungarns durch die Rote Armee aktiviert. Die von der NATO vorgegebenen Missionen bestehen aus drei Elementen: nachrichtendienstliche Aktivitäten, Einschleusen und Exfiltration sowie Aktionen.

    Die Aktivitäten des Luxemburger “Stay Behind” haben sich jedoch auf die ersten beiden Aspekte beschränkt, betont Santer und fügt hinzu , dass es sich um ein Netzwerk aus Fluchthelfern handelt. Bei der “Infiltration” geht es auch um die Wiedereroberung des Landes im Falle einer Invasion. Santer präzisiert , dass es sich bei “Stay behind” um sogenannte Schläfer handelt, die nur zu Kriegszeiten und im Falle einer Invasion durch die Armeen des Warschauer Paktes aktiviert werden sollen. Obwohl das Netz von der Nato koordiniert wird, hätte es im Kriegsfall ausschließlich unter Luxemburger Befehlsgewalt gestanden.

    Lehrer, Eisenbahner, Hausfrauen…

    In Luxemburg hat es nie mehr als 12 “Stay Behind”-Agenten gegeben, erklärt Santer weiter. Vor der Auflösung der Struktur 1990 sind es nur neun Agenten . Bei diesen “Agenten” handelt es sich um Lehrer, Landwirte, Handwerker, Beamte, Ingenieure , Eisenbahner und Hausfrauen. Santer betont, dass diese Leute sich untereinander nicht kennen und dass daher nicht von einer Truppe oder einer Gruppe die Rede sein kann.

    Im Norden des Landes sind es vor der Auflösung der Struktur im Jahr 1990 zwei Agenten aktiv, im Zentrum ebenfalls zwei, einer an der belgischen Grenze, an der deutschen Grenze zwei und an der französischen Grenze einer.

    Rekrutiert wurden sie unter dem Versprechen, dass ihre Identität niemals aufgedeckt wird. Santer betont, dass er persönlich die Identität jedes Agenten überprüft habe und keiner von ihnen vorbestraft gewesen sei. Einige seien ehemalige Resistenzler . Santer besteht darauf, dass keiner der Agenten zur Armee oder zu den Sicherheitskräfte gehört.

    Als Santer Altersangaben über die Agenten macht, spricht er wieder von zwölf Agenten. Drei von ihnen, sind älter als sechzig Jahre, vier Agenten im Alter zwischen 50 und 60 Jahren, drei Agenten zwischen 40 und 50 Jahren und zwei Agenten zwischen 30 und 40 Jahren.
    Drei Kisten mit Waffen in einer Wiese begraben

    Ihre Ausrüstung hat nur aus Funkgeräten bestanden, erklärt Santer . Diese seien dafür gedacht mit “Stay behind”-Strukturen im Ausland in Kontakt zu bleiben. 1973 wird in Luxemburg ein Waffenversteck für “Stay behind” angelegt: Drei Zinkbehälter werden in einer Wiese eingegraben. In jeder befinden sich zwei Maschinenpistolen, vier Pistolen, vier Granaten und 600 Schuss Neun-Millimeter -Munition. Allerdings, bekräftigt Santer, hat nur der Geheimdienst-Chef und nicht die Agenten Zugang zu den Kisten im Versteck.

    Die einzige Aktivität des “Stay-Behind”-Netzwerkes ist die regelmäßige Überprüfung des Funkmaterials, die in Zusammenarbeit mit dem britischen Intelligence Sercive erledigt wird. Das seien nur Nachrichtendienstliche Übungen , betont Santer. Niemals haben “Stay Behind” Mitglieder an Sabotageübungen teilgenommen.

    “Stay behind” werde zudem oft mit dem italienischen “Gladio-Netzwerk” verwechselt, das nicht nur in einer anderen Struktur organisiert gewesen sei, sondern auch andere Aufgaben gehabt hätte.

    Im Gegensatz zum Luxemburger “Stay behind” hätte “Gladio” als paramilitärische Truppe funktioniert und zu deren Mission auch Sabotage gehörte. Zwischen “Gladio ” und dem Luxemburger “Stay behind” hätte es keinerlei Verbindungen gegeben.
    Santer und Thorn nicht informiert

    Santer erklärt ebenfalls, dass er seine Informationen nicht nur aus Gesprächen mit dem Geheimdienstchef bezieht, sondern auch seine Amtsvorgänger auf das Thema angesprochen habe. Er selbst sei nicht von seinem Vorgänger Pierre Werner in Kenntnis gesetzt worden. Auch Gaston Thorn wurde 1974 nicht über die Existenz eines “Stay Behind”-Netzwerkes in Kenntnis gesetzt. Thorn habe sich das damit erklärt , dass die Aktivitäten des Netzwerkes stets normal verlaufen sind.

    Pierre Werner habe Santer gesagt, dass er 1962 über die Existenz des “Stay behind”-Netzwerkes informiert wurde, als dieses in den Zuständigkeitsbereich des SREL übergegangen sei. Das Netz habe niemals Probleme bereitet. Da die einzigen Aktivitäten des Netzwerkes darin bestanden hätten, Funksender zu überprüfen, und dabei stets alles ordnungsgemäß verlaufen sei, habe er es nicht für nötig befunden, sich weiter mit der Geheimorganisation zu beschäftigen.
    Mission abgeschlossen

    Die Diskussion um “Gladio und “Stay Behind” wird 1990 durch die Debatte um eine Reform des Geheimdienstes ausgelöst. Jacques Santer löst das “Stay behind “-Netzwerk wenige Wochen vor der Sitzung des Ausschusses auf, da das Netzwerk nach dem Zusammenbruch des Kommunismus keine Daseinsberechtigung mehr hat. Am 14. Oktober 1990 werden die Agenten über das Ende ihrer Mission informiert und müssen ihr Funkmaterial zurückgeben. Die Kisten mit den Waffen werden ausgegraben. Die Granaten und Munition werden im Militärdepot am Waldhof untergebracht. Die Schusswaffen sollen dem Militärmuseum in Diekirch zur Verfügung gestellt werden.

    Der kommunistische Abgeordnete Änder Hoffmann, der als einziger für die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu “Stay behind” stimmt, stellt zudem die Neutralität des Santer-Berichts in Frage. Dieser berufe sich ausschließlich auf Informationen des Geheimdienstes.

    Diese Neutralitätsfrage liegt nun 18 Jahre später wieder auf dem Tisch. Denn am Rande der Bombenleger-Affäre sehen insbesondere die DP-Abgeordneten Flesch und Bettel Grund genug, noch einmal Nachforschungen über “Stay Behind ” anzustellen – zumindest um auch letzte Zweifel über eine eventuelle Verbindung zwischen den Attentaten und dem Netzwerk auszuräumen.

    Veröffentlicht am 25.03.12 16:09 Vorlesen

    Steve Remesch

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    Das Bommeleeër-Dossier

    © WORT.LU 2013

    Chronologie der Anschläge Die Bommeleeër-Taten hielten in den 80er Jahren ganz Luxemburg in Atem. Die Serie umfasst 24 Sprengstoffanschläge von 1984 bis 1986.

    wort.lu listet die wichtigsten Daten auf:

    30. Mai und 2. Juni 1984

    Die beiden ersten Explosionen ereignen sich am 30. Mai und am 2. Juni 1984 in Beidweiler, wo ein Mast der Cegedel gesprengt wird. Das benutzte Material stammt zweifelsfrei aus Helmsingen und Wasserbillig.

    12. April 1985

    Explosion in Bourscheid: Ein Weekend-Haus, das kurz zuvor an den Staat verkauft wurde, fällt ihr zum Opfer. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob das Attentat in die Serie passt, denn es wurde keine kriminalistische Analyse der Spuren und des Sprengstoffs vorgenommen.

    27. April 1985

    Um 2 Uhr nachts wird auf dem Postamt am hauptstädtischen Hauptbahnhof der erste Erpresserbrief aufgegeben. Darin heißt es: „We have space and time“. Übersetzt: Wir wählen Ort und Zeit aus. Und: Wir sind Herr und Meister.

    28. April 1985

    Um 23.50 Uhr wird die Serie, wie angekündigt, fortgesetzt und ein Cegedel-Mast auf Stafelter gerät ins Visier der Attentäter. Bemerkenswert: Alle Anschlagsorte liegen in der Nähe der Hauptstadt.

    7. Mai 1985

    23.50 Uhr: Der Cegedel-Mast auf Schlewenhof fällt einer Explosion zum Opfer – nur fünf Stunden nachdem beschlossen worden war, dass Cegedel, Regierung und Gendarmerie nicht auf die Forderung der Erpresser von 250 000 Dollar eingehen würden. Das Erpresserultimatum hätte eigentlich aber noch bis 10. oder 11. Mai gehen sollen.

    8. Mai 1985

    Zweiter Erpresserbrief: Geldübergabe wird für die Zeit des Papstbesuchs vom 14. bis 16. Mai angekündigt. Zustimmung soll per Anzeige im „Wort“ erfolgen.

    14. Mai 1985

    Dritter Erpresserbrief: „Fahren Sie nach Clerf, in einer Telefonzelle erhalten Sie dort weitere Instruktionen“. Ausgerechnet in der Zeit des Papstbesuchs, wo die „Force de l’ordre“ alle Hände voll zu tun hat. Der Polizeifunk des Nordens war für diese Zeit in das Zentrum verlegt, im Norden stand also keiner zur Verfügung …

    25. Mai 1985

    Attentat bei der Gendarmerie. Aber nicht auf das Kommando oder auf die „Brigade mobile“, sondern am Standort der Brigade Luxemburg, im Keller unter den Büros der beiden ermittelnden Beamten in diesem Dossier.

    28. Mai 1985

    Um 23.45 Uhr wird in Itzig ein Strommast gesprengt, der das Unternehmen Dupont de Nemours versorgt. Die Masten sind nummeriert, die von 31 bis 39 werden von der Securicor bewacht, der Pfosten 30 nicht und ausgerechnet der wird gesprengt. Und: 70 Meter neben dem Anschlagsort geht in einem Feld eine weitere Ladung hoch.

    29. Mai 1985

    Vierter Erpresserbrief an Cegedel. Er wirft die Frage auf, an wen sich die Attentäter eigentlich wenden – an die Cegedel oder an die Gendarmerie? Sie hätten sich schlechter benommen als eine Scoutstruppe, heißt es darin, das wäre Verrat. Ein versteckter Hinweis darauf, dass es Pfadfinder waren, die auf das erste Attentat aufmerksam wurden?

    11. Juni 1985

    Fünfter Erpresserbrief: Darin werden 750 000 Dollar gefordert. Die Geldübergabe sollte am selben Tag im Parkhaus am Theaterplatz stattfinden. Im fünften Untergeschoss. Kurios: Kameras überwachen Einfahrt, Ausfahrt und eben jenes fünftes Untergeschoss, um zu sehen, ob alles belegt ist. Ein Spiel?

    12. Juni 1985

    In einem Brief werfen die Erpresser den Behörden vor, sie hätten falsch gespielt, und sie listen minutiös auf, welche Polizeibeamten vor Ort waren – bei der anberaumten Geldübergabe. Sie sagen sogar, es wären ausländische Polizisten anwesend gewesen. Und die Informationen der Erpresser treffen zu!

    23. Juni 1985

    Attentat in Hollerich, am Nationalfeiertag, kurz nach dem Feuerwerk – mit hohem Täterrisiko.

    5. Juli 1985

    Einziges Attentat mit Dynamit, vielleicht aus Wasserbilliger Stollen, in Asselscheuer. Zone lag übrigens knapp außerhalb der Überwachungszone!

    26. Juli 1985

    Anschlag auf das Verwaltungsgebäude des „Luxemburger Wort“.

    28. August 1985

    Zwei Explosionen auf dem Glacis bei der Schobermesse. Polizei und Straßenbauverwaltung sind betroffen.

    30. September 1985

    Attentat auf Schwimmbad an dem Tag der Pensionierung von Colonel Wagner.

    19. Oktober 1985

    Attentat im „Palais de justice“. Im Visier: das Büro des zuständigen Untersuchungsrichters.

    9. November 1985

    Attentat am Findel, drei Minuten nach dem letzten Flug. Findel ist unbewacht, weil die Beamten für den Ministerrat auf Kirchberg abgezogen wurden.

    10. November 1985

    Taschenlampe-Explosion – mit Quecksilberschalter, der schon Tausende Male gebraucht wurde. So einen, wie man ihn in Spielautomaten findet.

    30. November 1985

    Attentat in Heisdorf.

    2. Dezember 1985

    „Sommet“ in Luxemburg. Schwachpunkt: Autobahn. Das ist gewusst, aber sie wird nicht gesperrt. Über 200 Polizisten sind im Einsatz, aber eine „Bombe“ kann trotzdem aus einem Auto gezündet werden. Resultat: Die Ordnungskräfte sehen nicht sehr glücklich aus …

    17. Februar 1986

    Nach langer Pause kommt es zu einem Anschlag auf das Haus des Notars Hellinckx. Es passt nicht ganz in die Serie, gehört aber dazu. Das Luxite beweist es.

    25. März 1986

    Attentat bei Colonel Wagner: An dem Abend läuft die Revue „Knuppefreed“ mit besonderem Sicherheitsdispositiv, doch dann geht die Ladung außerhalb dieses Bereichs hoch. So endet der Bombenzyklus.

    Veröffentlicht am 25.01.12 17:11 Vorlesen

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    © WORT.LU 2013

     

     

     

    Luxemburger zweifeln an ihrem Geheimdienst

    Der Luxemburger Geheimdienst Service de renseignement de l’État (SREL) ist im Zuge diverser Affären in die Kritik geraten, u.a. wegen des Abhörens eines Gespräches zwischen Premierminister Jean-Claude Juncker und Großherzog Henri. Letzterer geriet in Verlegenheit, nachdem der vormalige SREL-Chef Marco Mille behauptet hatte, der großherzogliche Hof unterhalte wohl gute Kontakte zum britischen Geheimdienst.

    Laut einer Umfrage des Luxemburger “Journals” glauben nur 22% der Befragten dem Dementi des Hofmarschallamts. Die Befragten sind zudem wenig erbaut über die Tatsache, dass die Lëtzeburger Schlapphüte in den letzten Jahrzehnten 300.000 Karteikarten über Bürger, Ausländer und politische Parteien angelegt haben. Eine Mehrheit verlangt ein Einsichtsrecht in die Datenbanken und bezweifelt die Notwendigkeit eines Geheimdienstes, berichtet das Luxemburger Tagblatt. Mille war 2009 zu Siemens als Sicherheitschef gewechselt.

    Misstrauen gegen Luxemburger Geheime produzierte vor allem die Bommeleeër-Affäre (“Bombenlegeraffäre”), bei der zwischen 1986 und 1987 mysteriöse Anschläge auf Strommasten verübt wurden. In den letzten Jahren wurden Hinweise bekannt, die auf eine Inszenierung durch Sicherheitskreise hindeuten. In diesem Zeitraum gab es auch in anderen NATO-Staaten bis heute ungeklärte Anschläge, die politisch links stehende Gruppen sowie die Umweltbewegung in Misskredit brachten. Inzwischen tritt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss an, um die “Funktions- und Arbeitsweise des Geheimdienstes seit seinem Bestehen” zu ergründen, berichtet das Luxemburger Wort.

    Auch das deutsche parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für Geheimdienste will unter dem Eindruck der NSU-Morde und der Serie an Ermittlungsdesastern seine Arbeit intensivieren, die nach parteiübergreifender Auffassung völlig unzureichend ausgestaltet ist. Nach einer zweitägigen Klausur beklagte die erstmals entsandte FDP-Politikerin Gisela Piltz, effektive Kontrolle bedürfe mehr als einer Reihe von Abgeordneten, die in einem fensterlosen und abhörsicheren Raum zusammensäßen. Zudem ist geplant, die operative Arbeit des PKGr mit drei weiteren, besonders befugten Mitarbeitern stärken. Der frühere BGH-Richter Wolfgang Nešković, der bislang als eifrigstes Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums galt, gehört diesem nicht mehr an. Nešković hatte nach Querelen die Linksfraktion verlassen.

    Markus Kompa
    23.12.2012

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    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    »Gladio« auch in Luxemburg? Das geheime NATO-Netzwerk und ein Strafprozeß

    Seit dem 25. Februar findet vor der 9. Kriminalkammer in Luxemburg ein spektakulärer Strafprozeß statt, der trotz seiner politischen Dimension in deutschen Medien fast keine Resonanz findet. Angeklagt sind in der »Affaire Bommeleeër« (Bombenleger) die beiden früheren Mitglieder der »Brigade mobile de la Gendarmerie« Marc Scheer und Jos Wilmes. Den Exbeamten werden unter anderem versuchter Mord und Brandstiftung in 20 Fällen in den Jahren 1984 und 1985 vorgeworfen. Die Verteidigung hat u. a. Premierminister Jean-Claude Juncker und Angehörige des großherzoglichen Hauses laden lassen. So ging es am gestrigen Donnerstag um ein Alibi des Prinzen Jean, der von einem Zeugen nach einem Attentat 1985 in der Nähe des Tatorts gesehen worden war.

    Die heute 56 und 58 Jahre alten Angeklagten sollen unter anderem Masten des Stromversorgers Cegedel zerstört und das Instrumentenlandesystem des Luxemburger Flughafens außer Betrieb gesetzt haben. Sie sollen auch einen Anschlag auf das Gebäude der Zeitung Luxemburger Wort verübt und während eines EG-Gipfels eine Sprengladung vor dem Konferenzgebäude gezündet haben. Laut Staatsanwaltschaft verfügten die Täter über umfangreiche Detailkenntnisse der Arbeit von Polizei und Gendarmerie, wußten offenbar, wann welche Objekte bewacht wurden, und führten die Fahnder regelmäßig an der Nase herum. Alle Ermittlungen verliefen im Sande, bis RTL Letzebuerg 2004 die Sache wieder aufgriff. Inzwischen deutet vieles darauf hin, daß es sich um Taten der NATO-Geheimtruppe »Gladio« handelt. Sie steht im Verdacht, u.a. 1980 in die Attentate von Bologna und auf das Münchner Oktoberfest verwickelt gewesen zu sein. Am Mittwoch vergangener Woche führte die Verteidigung eine eidesstattliche Erklärung in das Verfahren ein. In ihr bezeugt der deutsche Historiker Andreas Kramer, daß sein Vater als Hauptmann der Bundeswehr und Agent des Bundesnachrichtendienstes »Gladio«-Operationsleiter für mehrere Länder gewesen sei. Als solcher habe er engen Kontakt zum damaligen Chef des luxemburgischen Geheimdienstes SREL, Charles Hoffmann, gepflegt. Dieser hat bisher jeden Zusammenhang der Attentatsserie mit »Gladio« oder dem SREL abgestritten.

    22.03.2013 / Ausland / Seite 2Inhalt

    Von Arnold Schölzel

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    © junge Welt

    ANTI-CAMERA CREW German militants make an online game out of CCTV camera destruction

    Civil liberties activists in Germany and elsewhere are taking a novel, and militant, approach to CCTV culture. A new game dubbed ‘Camover’ is taking the country’s cities and the internet by storm. The premise? Get a crew, a catchy name, then black-block up and decommission street cameras in whatever inventively destructive fashion you like, from axes to lassoes.

    Bizarrely, considering the general anti-camera focus of the hi-jinks, the trashings are being filmed and shared on the net – where they are compared and scored. Points are given for each camera smashed and for the originality of the method, leading commentators to claim a new era of militancy where reality-gaming meets activism.

    The game originated in Berlin, where anti-CCTV feeling has been brewing in the radical circles. Attempts at more standard protest, including a small march and film showings, made little impact, so a black bloc took to the streets one night to take more shady direct action. Now participants are getting in on the game from Finland, Greece and the US.

    As one Camover blog put it, “In the supermarket, in the university, at work, in the tram or in the ATMs – we hate them all. We are not interested in feeling “safe” and we don’t want them to stop crime.”

    And from the Finnish: “During the last weeks we have blinded several CCTV-cameras around capital area of Finland. CCTV-cameras are important part of social control against people. It’s about power and control, and not about peoples values and rights. It’s about turning us into slaves and fearing authorities. But we can defend ourselves against the state and against corporations and take away Big Brothers sight.”

    Published on 21st February 2013 | Part of Issue 838 | Print Friendly Version

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    See this Youtube video to get the idea.

    NSU-Angeklagte Beate Zschäpe Die Frau im Schatten

    Beate Zschäpe fand im Urlaub schnell Freunde, verabredete sich zum Sport und erzählte von ihren Katzen. Da lebte sie schon im Untergrund. Jetzt steht sie wegen der zehn Morde des NSU vor Gericht. Ein Blick in das Leben einer mutmaßlichen Neonazi-Terroristin.

    Beate Zschäpe schweigt – und alle fragen sich: Wie ist aus der “Diddlemaus” eine gefährliche Neonazi-Terroristin geworden? – Foto: dpa

    Die Zeugin, die das Bundeskriminalamt im Juli 2012 befragt, verschweigt offenbar nichts. Obwohl Sabine Schneider (Name geändert) der frühere Kontakt zur rechten Szene peinlich zu sein scheint. „Politik ist überhaupt nicht mein Ding“, gibt Schneider den BKA-Beamten zu Protokoll, „ich war halt bei diesen Runden damals dabei, das war lustig und da wurde getrunken.“ Rechtsradikales Gedankengut „habe ich persönlich überhaupt nicht“.

    Die Frau Anfang 40 aus Ludwigsburg (Baden-Württemberg) wirkt wie die Mitläuferin einer rechten Clique, die sich mit Kumpels aus Thüringen und Sachsen traf.

    Mal dort, mal in Ludwigsburg. Schneider fand die Ostler sympathisch, vor allem eine Frau aus Thüringen. Die war fröhlich und die Einzige, die sich nicht szenetypisch kleidete. Die Frau hieß Beate Zschäpe. In ihr hat sich Schneider, so sieht sie es heute, furchtbar getäuscht.

    Schneider erlebte „die Beate“ als „liebevolle, nette, höfliche Dame“. Auch ihre Mutter sei von Zschäpe begeistert gewesen, sagt Schneider. „Beate hatte ja Gärtnerin gelernt und gab meiner Mutter Tipps.“ Von 1994 bis 2001 hielt der Kontakt, Zschäpe kam meist mit Uwe Mundlos nach Ludwigsburg, selten nur war Uwe Böhnhardt dabei. Offenbar ahnungslos lachte und trank Sabine Schneider mit rechten Mördern. Sie hat sich „auch mit dem Uwe Mundlos bestens verstanden“. Bis zum Sommer 2001 hatten sie, die beiden Killer der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“, bereits vier Türken erschossen und einen Sprengstoffanschlag verübt, vier Geldinstitute und einen Supermarkt überfallen.

    Ahnungslos war auch der Staat. Er wusste nichts vom NSU, trotz aufwendiger Ermittlungen nach jedem Verbrechen, das die Terroristen begangen hatten. Es erscheint unglaublich, auch heute noch, fast anderthalb Jahre nach dem dramatischen Ende der Terrorgruppe. Mundlos und Böhnhardt sind tot, vom Trio, das 1998 untertauchte, ist nur Beate Zschäpe übrig. Sie wird in der kommenden Woche ein gewaltiges Medieninteresse auf sich ziehen, über Deutschland hinaus.

    Am 17. April beginnt am Oberlandesgericht München der Prozess gegen die 38 Jahre alte Frau und vier Mitangeklagte – den Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben sowie André E., Holger G. und Carsten S. Die vier Männer sollen dem Trio geholfen haben, es geht da um Waffen, falsche Ausweise, unter Tarnnamen gemietete Wohnmobile. Der 6. Strafsenat wird über eine unfassbare Serie von Verbrechen zu urteilen haben, mit fassbaren Kategorien wie Täterschaft, Schuld, Unschuld, Strafmaß. Eine gigantische Aufgabe.

    In einigen Medien ist schon vom „Jahrhundertprozess“ die Rede. Der Superlativ erscheint sogar plausibel. Das NSU-Verfahren ist, sieht man von den Prozessen zum Staatsterrorismus der Nazis ab, das größte zu rechtsextremem Terror seit Gründung der Bundesrepublik. Der Präsident des Gerichts, Karl Huber, erwartet eine Dauer von mehr als zwei Jahren. Die juristische, aber auch die politische Dimension des Prozesses erinnert an die so spektakulären wie schwierigen Verfahren gegen Mitglieder der Roten Armee Fraktion. Und der Blick auf den Komplex RAF, auf die hier immer noch schmerzlich offenen Fragen zu Morden, Motiven und Hintergründen, verstärkt die Ahnung, auch im NSU-Verfahren werde vieles unbegreiflich bleiben. Vielleicht auch die Person Beate Zschäpe.
    Beate Zschäpe schweigt. Die Akten erzählen aus ihrem Leben.

    Die Angeklagte schweigt – voraussichtlich auch im Prozess, zumindest am Anfang. Dass Zschäpe nicht redet, ist ihr gutes Recht. Auch Zschäpes Mutter und Großmutter sprechen nicht mit den Medien. Dennoch kommt man ihr näher bei der Lektüre von Ermittlungsakten des BKA und anderen Unterlagen. Zschäpe erscheint da zunächst wie eine Durchschnittsfigur, die sich radikalisiert hat, die an den beiden Uwes hing und plötzlich mit ihnen verschwand. Keine Ulrike Meinhof, die den Kampf für die RAF intellektuell zu begründen suchte, keine Fanatikerin mit einem bizarren Charisma wie Gudrun Ensslin. Nur ein unbedeutende Thüringer Rechtsextremistin. Die dann, so sieht es die Bundesanwaltschaft, eine ungeheure kriminelle Energie entwickelte. In der knapp 500-seitigen Anklage werden aufgelistet: Beteiligung an den zehn Morden des NSU, an mehreren Mordversuchen, an 15 Raubüberfällen, dazu Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und besonders schwere Brandstiftung. Zschäpes Anwälte halten die Vorwürfe für weit übertrieben. Doch aus Sicht der Ermittler wurde die junge, unauffällige Frau aus Jena, in der rechten Szene als „Diddlmaus“ verniedlicht, die gefährlichste Neonazi-Terroristin in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

    Die Biografie bis zum Gang in den Untergrund zeugt, wie bei vielen Rechtsextremisten üblich, von einer schwierigen Kindheit. Geboren am 2. Januar 1975 in Jena, wächst Zschäpe bei ihrer Mutter Annerose Apel und ihrer Großmutter auf. Annerose Apel hatte den rumänischen Vater beim Zahnmedizinstudium in Rumänien kennengelernt. Als die Mutter 1975 heiratet, einen Deutschen, nimmt sie dessen Nachnamen an. 1977 lässt sie sich scheiden, ein Jahr später heiratet sie Günter Zschäpe und zieht zu ihm in eine andere Stadt in Thüringen. Tochter Beate bleibt bei der Großmutter. Als wenig später auch die zweite Ehe scheitert, zieht Annerose Zschäpe zurück nach Jena und nimmt Beate wieder zu sich. Doch Mutter und Tochter verstehen sich nicht, es gibt häufig Streit. Familiäre Wärme erlebt Beate offenbar nur bei der Großmutter.

    Bei der Festnahme im November 2011 sagt Beate Zschäpe einem Polizisten, sie sei als „Omakind“ aufgewachsen. 1981 wird sie in Jena an der Polytechnischen Oberschule „Otto Grotewohl“ eingeschult, 1992 macht sie an der Oberschule „Johann Wolfgang von Goethe“ den Abschluss nach der 10. Klasse. Der Wunsch, sich zur Kindergärtnerin ausbilden zu lassen, geht nicht in Erfüllung. Zschäpe macht eine Lehre als Gärtnerin für Gemüseanbau, die Abschlussprüfung besteht sie 1995 mit „befriedigend“. Übernommen wird Zschäpe nicht. Sie ist länger arbeitslos, ein Jahr lang hat sie eine ABM-Stelle als Malergehilfin, dann wieder nichts.

    Es sind die Jahre, in denen Beate Zschäpe in den Rechtsextremismus abdriftet. 1993 beginnt sie eine Beziehung mit dem Professorensohn Mundlos, der auch in einer rechten Clique abhängt. Das ist die Keimzelle der „Kameradschaft Jena“, einem kleinen, verschworenen Neonazi-Trupp, der sich später dem Netzwerk „Thüringer Heimatschutz“ anschließt. 1995 fällt Zschäpe erstmals dem Verfassungsschutz auf, als sie an einem größeren rechtsextremen Treffen teilnimmt – zusammen mit Mundlos und Böhnhardt. Im selben Jahr werden Zschäpe und Böhnhardt ein Paar. 1996 zieht sie bei Böhnhardts Familie ein. Doch der enge Kontakt zu Mundlos bleibt erhalten. Das Trio wird zunehmend fanatisch und für Zschäpe eine Art Ersatzfamilie.

    In den kommenden Jahren fallen sie Polizei und Verfassungsschutz immer wieder auf. Es sind die für die Szene typischen Provokationen, zum Beispiel ein Auftritt von Mundlos und Böhnhardt in SA-ähnlicher Kluft in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Aber bald schon reicht das nicht, die Aktionen werden härter. An einer Autobahnbrücke nahe Jena hängt das Trio einen Puppentorso auf, der einen Juden darstellen soll und mit einer Bombenattrappe verbunden ist. Der Drang zur Militanz wird stärker. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe planen den bewaffneten Kampf.

    Als Polizisten am 26. Januar 1998, auf einen Tipp des Verfassungsschutzes hin, eine von Zschäpe gemietete Garage in Jena durchsuchen, finden sie eine Sprengstoffwerkstatt. Da liegen eine fertige und vier halb gebastelte Rohrbomben, ein Sprengsatz in einer Blechdose, eine Zündvorrichtung mit einem Wecker, 60 Superböller, Schwarzpulver und ein TNT-Gemisch. Die Beamten entdecken eine Diskette, darauf ein Gedicht mit dem Titel „Ali-Drecksau, wir hassen Dich“. Durchsucht wird auch Zschäpes Wohnung, in die sie 1997 gezogen ist. Die Polizisten stellen mehrere Waffen sicher und ein Exemplar des Brettspiels „Pogromly“, eine obszöne, Auschwitz glorifizierende Version von Monopoly.
    Bei ihrem letzten Anruf sagte sie: Es ist was passiert in Eisenach.

    Für die Beamten ist die Aktion trotz der Funde ein Fehlschlag, das Trio taucht ab. Es wird fast 14 Jahre dauern, bis die Polizei Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe wieder entdeckt. Die beiden Uwes am 4. November 2011 als Leichen in einem brennenden Wohnmobil in Eisenach, Beate Zschäpe vier Tage später an der Pforte einer Polizeistation in Jena. Die Frau stellt sich.

    Die 14 Jahre Untergrund bleiben bis heute zumindest in Teilen eine Black Box. Die Ermittler haben nur wenige Erkenntnisse darüber, was Zschäpe in all den Jahren gemacht hat, warum sie bei den Uwes blieb, was sie von deren Mord- und Raubtouren wusste. Bei Mutter und Großmutter hat sie sich offenbar nie gemeldet. Nachbarinnen aus Zwickau, wo sich das Trio von 2000 an in drei Wohnungen versteckte, und Urlaubsbekanntschaften, die das Trio bei Urlauben auf der Insel Fehmarn erlebten, schildern so ungläubig wie Sabine Schneider eine freundliche, lustige, warmherzige Frau. Die sich allerdings in dieser Zeit nicht Beate Zschäpe nennt, sondern „Lisa Dienelt“ oder „Susann Dienelt“ oder einfach „Liese“. „Ich habe mit Liese häufig morgens Sport gemacht“, erzählt später eine Zeugin der Polizei, die Zschäpe 2001 auf Fehmarn kennengelernt hatte. „Und mittags haben wir uns gesonnt“. Die Liese habe ihr auch erzählt, „dass sie zwei Katzen hat, die zu Hause von einer Freundin versorgt werden“. Das mit den beiden Katzen stimmt sogar. „Heidi“ und „Lilly“ geht es gut in der Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße, wo sie auch einen kleinen Kratzbaum haben.

    Wie die Wohnung des Trios sonst noch aussah, ist für die Bundesanwaltschaft ein Beweis dafür, dass Zschäpe in die Taten von Mundlos und Böhnhardt eingeweiht war. Fünf Kameras überwachten die Umgebung der Wohnungstür. Eine weitere Tür war massiv gesichert und mit einem Schallschutz versehen, der Eingang zum Kellerraum mit einem Alarmsystem ausgestattet. Nachdem Zschäpe am 4. November 2011 die Wohnung angezündet hatte und dabei das halbe Haus in die Luft flog, fand die Polizei im Brandschutt zwölf Schusswaffen, darunter die Ceska Typ 83. Mit ihr erschossen Mundlos und Böhnhardt die neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft.

    Aus Sicht der Bundesanwaltschaft gibt es noch mehr Belege für die Beteiligung Zschäpes an allen Verbrechen. Sie habe 2001 gemeinsam mit Mundlos und Böhnhardt vom Mitangeklagten Holger G. die Ceska entgegengenommen, sagen Ermittler. Sie habe zudem mit erfundenen Geschichten gegenüber Nachbarn die häufige Abwesenheit der beiden Uwes „abgetarnt“. Und sie habe die Beute der Raubzüge verwaltet und nach der Brandstiftung in Zwickau 15 Briefe mit der Paulchen-Panther-DVD verschickt, auf der sich der NSU zu den Morden und Anschlägen bekennt.

    Die Ermittler betonen auch, eine Zeugin erinnere sich daran, Zschäpe am 9. Juni 2005 in Nürnberg gesehen zu haben. Sie soll in einem Supermarkt gestanden haben, kurz bevor Mundlos und Böhnhardt im benachbarten Imbiss den Türken Ismail Yasar erschossen. Zschäpes Anwälte halten gerade diese Aussage für unglaubhaft. Die Zeugin habe erst, nachdem Zschäpes Bild über die Medien bekannt geworden war, behauptet, sie damals gesehen zu haben. Für die Verteidiger gibt es keinen tragfähigen Beweis, dass Zschäpe an den Morden beteiligt war.

     

    08.04.2013 12:51 Uhr
    von Frank Jansen

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    Copyright © Der Tagesspiegel

    Lawmaker: German neo-Nazi trio likely had helpers

    BERLIN — A neo-Nazi group suspected of committing a string of murders and bank robberies across Germany likely had more assistance than currently known, a German lawmaker with access to still-classified material on the case said Wednesday.

    Sebastian Edathy, who heads a parliamentary inquiry into why security services failed to stop the group for more than a decade, said the self-styled National Socialist Underground couldn’t have carried out two bombings, 10 murders and more than a dozen bank heists without a support network.

    The crimes took place between 1998 and 2011, when two of the three core members of the group died in an apparent murder-suicide. The surviving core member, Beate Zschaepe, and four alleged accomplices go on trial April 17.

    “If you live underground for 13 years in a country like Germany, if you depend on logistical help to carry out crimes, then you will probably have had to draw on a network of supporters,” Edathy told reporters in Berlin.

    Germany’s chief federal prosecutor Harald Range said last month that authorities believe the three were an “isolated group” without a nationwide network of helpers.

    But many in Germany and abroad – eight of the victims were of Turkish origin and one was Greek – have questioned how the group could have committed so many murders across Germany, as well as the bank robberies and bomb attacks, without further help.

    There also are concerns that police may have missed earlier opportunities to nab the trio, who in years past had been sought for lesser infractions.

    In one instance, security services in the eastern state of Brandenburg failed to act on an informant’s tip about the trio’s whereabouts shortly after they went on the lam in 1998, Edathy said. The informant’s handlers were afraid that passing the information to officers searching for the group might compromise their agent, he said.

    FRANK JORDANS | April 3, 2013 02:04 PM EST |

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    Copyright © 2013 TheHuffingtonPost.com, Inc.

    NSU-Umfeld: Edathy rechnet mit weiteren V-Leuten

    Die Liste der V-Leute und Helfer rund um die Terrorzelle NSU beläuft sich derzeit auf über 100 Beteiligte. Für den Kopf des Untersuchungsausschusses Edathy war das noch nicht das Ende.

    Ausschussvorsitzender Edathy geht davon aus, dass das NSU-Netzwerk größer ist als bislang bekannt
    © Rainer Jensen/DPA

    Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), hat Zweifel daran geäußert, dass die bislang vorliegenden Listen der V-Leute im Umfeld der rechtsextremen Terrororganisation vollständig sind. “Ich bin mir nicht sicher, ob die jüngste Liste mit Namen von Helfern, Helfershelfern und Kontaktpersonen im Zusammenhang mit dem NSU, die wir vom Bundeskriminalamt bekommen haben, nicht schon überholt ist und es noch mehr Namen gibt”, sagte Edathy der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Er wolle “bis nach der Osterpause” wissen, welches der aktuelle Stand sei.

    Der Ausschussvorsitzende erwartet nach eigenen Angaben noch weitere Erkenntnisse über V-Leute im Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU): “Ich bin ziemlich sicher, dass wir noch nicht von allen V-Leuten im Umfeld des NSU-Trios wissen, dass sie V-Leute waren.” Auch auf der Liste, die dem Ausschuss jetzt vorliege, seien gegenüber früher einige Personen hinzugekommen, “bei denen noch geprüft werden muss, ob sie nicht Täterwissen hatten oder ob sie V-Leute waren”, sagte Edathy der “FAS”.

    31. März 2013, 15:47 Uhr

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    © 2013 stern.de GmbH

    Geheime NSU-Liste macht klar Zwickauer Terrorzelle hatte mehr als hundert Helfer

    Das Netzwerk der Zwickauer Terrorzelle ist offenbar viel größer als bislang bekannt. Einer geheimen Fahnder-Liste zufolge gehörten 129 Personen aus der rechtsextremen Szene zum engeren und weiteren Umfeld des Untergrund-Trios. Womöglich sind auch V-Leute darunter.
    Die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle hatte nach einem Zeitungsbericht mehr Helfer als bislang bekannt. Nach einer geheimen Liste der Sicherheitsbehörden gehörten 129 Personen aus der rechtsextremen Szene zum engeren und weiteren Umfeld des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), berichtete die „Bild am Sonntag“ („BamS“).

    Der NSU soll in den Jahren 2000 bis 2007 neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer und eine Polizistin getötet haben. Die Gruppe war erst im November 2011 aufgeflogen. Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte beginnt am 17. April vor dem Oberlandesgericht München. Er könnte mehr als zwei Jahre dauern.

    Liste soll auf V-Leute geprüft werden
    Gegen knapp ein Dutzend weiterer Beschuldigter wird noch ermittelt. Hinzu kämen zahlreiche Helfer und Helfershelfer, die direkt oder indirekt Kontakt mit den mutmaßlichen Terroristen hatten, denen sie unter anderem Geld, falsche Papiere oder Waffen beschaffen sollten.

    Die Liste mit den Namen von 129 Personen ging dem Bericht zufolge dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages zu. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) sagte der „BamS“: „Die neue Zahl ist erschreckend hoch. Jetzt muss schnell geklärt werden, ob es darunter Mitwisser der NSU-Verbrechen und weitere V-Leute gab.“

    Sonntag, 24.03.2013, 15:20

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    © FOCUS Online 1996-2013

    Fahnder durchleuchteten das Umfeld der NSU-Terrorzelle Neonazi-Trio hatte 129 Helfer und Helfershelfer

    Kurz vor Beginn des Prozesses gegen Beate Zschäpe gibt es neue Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden zur Terrorzelle NSU: Das braune Netzwerk des Trios Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe war laut Informationen von BILD am SONNTAG größer als bisher bekannt.

    Demnach gehörten 129 Personen aus der rechtsextremen Szene zum engeren und weiteren Umfeld des Nazi-Trios, dem zehn Morde an Migranten und einer deutschen Polizistin angelastet werden. Die 129 Namen stehen auf einer geheimen Liste der Sicherheitsbehörden, die dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags jetzt zuging.

    Als harter Kern der Terrorgruppe gelten die vier Angeklagten, die neben Zschäpe ab dem 17. April vor Gericht stehen, sowie knapp ein Dutzend weiterer Beschuldigter, gegen die noch ermittelt wird.
    Prozess gegen Nazi-Braut Zschäpe
    NSU-Terror
    HIER wird der Nazi-Braut der Prozess gemacht

    Gerichtssaal umgebaut, Sicherheitsschleusen angebracht, Fenster zugemauert: Hier wird Beate Zschäpe am 17. April der Prozess gemacht.
    mehr…
    München
    JVA Stadelheim Nazi-Braut sitzt jetzt im Knast in München
    Beate Zschäpe (37) Vom schüchternen Teenie zur Terror-Braut
    in München Gerichtssaal wird für NSU-Prozess umgebaut

    Dazu kommen zahlreiche Helfer und Helfershelfer, die direkt oder indirekt Kontakt mit den mutmaßlichen Terroristen hatten, denen sie unter anderem Geld, falsche Papiere oder Waffen beschaffen sollten.

    24.03.2013 – 09:56 Uhr
    Von KAYHAN ÖZGENC Und OLAF WILKE

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    © Copyright BILD digital 2011

    NSU-Verfahren: Ausschuss will V-Mann-Führer verhören

    Hat V-Mann “Primus” das rechtsextreme NSU-Netzwerk unterstützt? Um diesen Verdacht zu klären, will der Untersuchungsauschuss des Bundestags den zuständigen Beamten des Verfassungsschutzes vernehmen.

    Welche Rolle spielte V-Mann “Primus” im Fall des NSU? Der zuständige Beamte des Verfassungsschutz soll dazu Auskunft geben.

    Nach Berichten über einen V-Mann namens “Primus” und dessen mögliche Hilfe für das NSU-Terrortrio wollen Mitglieder des Bundestags-Untersuchungsausschusses die zuständigen Beamten befragen. Es müsse geklärt werden, inwieweit der Verfassungsschutz “Primus” genutzt habe, um die untergetauchte Terrorzelle zu finden, sagte die SPD-Obfrau im Ausschuss, Eva Högl, der “Süddeutschen Zeitung”. “Sollte dies nicht in ausreichendem Maße geschehen sein, fragt sich natürlich, warum.” Medienberichten zufolge half er den Rechtsextremen möglicherweise beim Anmieten von Autos.

    Auch die Linke-Politikerin Petra Pau sprach sich dafür aus, die sogenannten V-Mann-Führer zu vernehmen. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass “Primus” verwickelt gewesen sei, stelle sich immer mehr die Frage, warum der “Nationalsozialistische Untergrund” (NSU) jahrelang von den Behörden unbehelligt geblieben sei, sagte Pau.

    Laut “Spiegel” stießen Ermittler bei der Suche nach Unterstützern des NSU auf einen langjährigen Rechtsextremisten, der unter dem Decknamen “Primus” bis kurz nach der Jahrtausendwende für den Verfassungsschutz gearbeitet habe. In Unterlagen einer Zwickauer Autovermietung hätten Beamte Verträge für Fahrzeuganmietungen auf seinen Namen gefunden. Es gebe zeitliche Überschneidungen mit zwei dem NSU zugeschriebenen Morden im Juni und August 2001 in Nürnberg und München. Hinsichtlich beider Taten fehlten bisher Hinweise zu Fluchtwagen. Nach den Abrechnungen seien beide Wagen für lange Fahrten genutzt worden.
    Edathy rechnet mit weiteren V-Leuten

    Erscheinungsdatum: 1. April 2013, 09:18 Uhr

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    © 2013 stern.de GmbH

    German spies accused of racism, Islamophobia

    Germany’s domestic intelligence agency is a hotbed of “institutional racism,” where Islamophobic, racist and offensive remarks are an everyday occurrence, a newspaper reported on Friday.
    Westerwelle slams media limits for neo-Nazi trial (10 Apr 13)
    Search for Nazi death camp guards widens (9 Apr 13)
    Radical German Muslims join fight in Syria (7 Apr 13)

    Germany’s security service the Verfassungsschutz is a hornet’s nest of conflict, envy, jealousy and inappropriate insults, wrote the Süddeutsche Zeitung, citing inside sources.

    And they aren’t just innocent office jokes. Employees of the department tasked with observing militant Islamists reportedly throw around deeply offensive, Nazi-affiliated words in private of the kind which would be unthinkable in a public setting.

    These range from Herrenrasse, the German for “master race” to Muselmann – originally a German word meaning “Muslim man” later used by the Nazis as a slang word for emaciated death camp inmates who had surrendered to their fate – to Ölauge, a derogatory name for “greasy” dark-eyed foreigners.

    In one case currently the subject of an internal investigation, an agency employee is said to have offended co-workers in his office by positioning a doll of a Teutonic Knight with his sword pointing at a miniature mosque, wrote the paper.

    The highly secretive intelligence agency declined to comment on the investigation into the doll incident, but the paper reported mixed views among internal sources.
    While some insisted the incident was an isolated, one-off occurrence, others told paper the issue of racism was not being dealt with at all within the agency.

    Published: 22 Mar 13 10:50 CET | Print version

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    The Local/jlb

    Curveball

    boek van Bob Drogin
    Ook verschenen in het Nederland als Codenaam Curveball

    Erg Amerikaans boek, de tekst schreeuwt je tegemoet wat gaandeweg begint tegen te staan. Toch is het een verdienstelijk boek. Minutieus brengt Drogin het functioneren van geheime diensten in beeld tegen het licht van een menselijke bron. Curveball is de man die de bron was van de informatie over de chemische fabrieken op wielen van Saddam Hussein. De hele wereld kreeg ze te zien toen Colin Powell beelden van deze diepladers tijdens een praatje bij de Veiligheidsraad vertoonde. Ze bleken echter niet te bestaan. De informant of beter gezegd overloper, Curveball, wordt afgeschilderd als een leugenaar, maar eigenlijk is hij een klokkenluider. Geheime diensten deugen niet doordat alles geheim is en daarmee ook te manipuleren. Het boek van Drogin geeft inzicht in het gebrek aan samenwerking tussen diverse geheime diensten zowel nationaal als internationaal, de politieke sturing van diensten, de tunnelvisie en het wishful thinking.
    Curveball is een voormalig taxichauffeur uit Irak die in Duitsland asiel aanvraagt. Hij presenteert zich als een politiek vluchteling die aan een super geheim biologisch wapenprogramma in Irak heeft meegewerkt. Bij zijn asielaanvraag zegt hij niet direct dat hij dat werk deed, maar in de loop der tijd spint hij een verhaal met behulp van informatie die hij vindt op het internet. De BND, de Duitse geheime dienst voor buitenlandse aangelegenheden, wordt volledig om de tuin geleid, hoewel zij twijfels blijven houden omdat ze zijn verhaal niet kunnen checken. De Engelsen voegen er wat feiten aan toe en een van de vele inlichtingen en veiligheidsdiensten in de Verenigde Staten denken de bron te hebben gevonden voor het bestaan van het biologische en chemische wapenprogramma van Saddam Hussein. De stunt van Curveball is hilarisch, maar ook tragisch. De oorlog in Irak was er misschien ook zonder hem wel gekomen, maar hij heeft het een schijn van legitimatie gegeven. Men dacht dat Irak chemische en biologische wapen had, wat ook logisch was, want ongeveer alle apparatuur en grondstoffen waren door het Westen geleverd en Saddam Hussein had ze tot twee keer toe gebruikt. Na de eerste wapeninspectie ronde, waarbij een groot deel van deze wapens waren vernietigd begin jaren negentig, bleef vooral de Verenigde Staten, maar ook andere staten Irak hardnekkig beschuldigen van de productie van biologische en chemische wapens. Het bewijs ontbrak echter. Curveball stapte begin 1999 in deze status quo en reconstrueerde met behulp van de rapporten van de wapeninspecties van Verenigde Naties die hij van het internet plukte een verhaal van mobiele laboratoria. Bij zijn verhaal gebruikte hij zowel feiten als fictie, maar doordat het verhaal aansloot bij de veronderstelling van veel diensten dat Irak over faciliteiten beschikte, kon het wortel schieten in de inlichtingen gemeenschap. Alle feiten die zijn verhaal tegenspraken werden gaandeweg weggemoffeld en het bestaan van mobiele laboratoria was een vaststaand feit. Zoals bij de Schiedammer parkmoord tunnelvisie leidde tot de veroordeling van een onschuldige werd mede door toedoen van Curveball Irak in een tunnelvisie ervan beticht chemische en biologische wapens te produceren. Niet dat het Irakese regime nu een stel lieverdjes waren, maar de beschuldigingen waren ongegrond. Er moest worden ingegrepen. Een tunnelvisie die leidde tot een straf, maar niet alleen voor Hussein en zijn staf. Het gehele Irakese volk moest boeten. De oorlog heeft op dit moment het leven gekost van tussen de 80.000 en de 400.000 Irakezen en een ware exodus ontketend. En zullen de schuldigen van dit drama terecht staan? Nee, dat past niet in een rechtstaat die beweert het altijd bij het rechte eind te hebben. Saddam Hussein was een wrede dictator die hoe dan ook een keer weg moest. Met of zonder Curveball.

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    Spam vom Staat

    Er gilt als der böseste Deutsche im Internet: Martin Münch liefert Polizei und Geheimdiensten Überwachungs-Software. Auch Diktatoren drangsalieren mit den Programmen ihre Bürger.

    Im Disney-Film “Mulan” ist alles so einfach. Die Heldin kämpft zusammen mit lauter Männern im chinesischen Militär gegen die Hunnen. Der Film zeichnet Mulans Gegner als schattige, gesichtslose Wesen. Die feindliche Reiterarmee verdunkelt den Horizont. Gut gegen Böse – ein Klassiker.

    Martin Münch lebt in einem Disney-Film. Er weiß, wer die Bösen sind. Er weiß, dass er zu den Guten gehört. Es gibt nur ein Problem: Alle anderen wissen es nicht. Für sie steht Münch auf der falschen Seite des arabischen Frühlings, auf der Seite der Unterdrücker. Menschenrechtler prangern an, er liefere Überwachungssoftware an Diktaturen, willentlich oder leichtfertig.

    Münch, 31, entwickelt Spähsoftware für Computer und Handys. Sie infiziert das digitale Gedächtnis, sie schnüffelt in der virtuellen Intimsphäre. Polizei und Geheimdienst können dank ihr sehen, welche Krankheitssymptome der Überwachte im Web googelt. Sie hören, was er mit der Mutter über das Internet-Telefon-Programm Skype bespricht. Sie lesen seinen Einkaufszettel auf dem Smartphone. Der Trojaner, der das alles kann, heißt Finfisher. Trojaner wird diese Art Software genannt, weil die Spionagefunktionen eingeschmuggelt werden in einer harmlosen Hülle.
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    Martin Münchs Firma Gamma entwickelt den Trojaner Finfisher. (Foto: Robert Haas)

    Seit kurzem testet auch das Bundeskriminalamt, ob Finfisher als Bundestrojaner taugt. Auf sein Produkt ist Münch stolz. Zum ersten Mal zeigte er jetzt deutschen Journalisten, dem NDR und der Süddeutschen Zeitung, wie Finfisher funktioniert. Bisher durften Medien nicht in die Entwicklerbüros in Obersendling in München.

    Auf den Glastüren steht der Firmenname: Gamma Group. Ein Dutzend Mitarbeiter sitzt vor Bildschirmen, die Programmierer gleich vor mehreren. Hinter dem Bürostuhl des Chefs Münch hängt eine Aluminiumplatte mit dem Firmenlogo. Er teilt sich seinen Schreibtisch mit dem Kollegen, der den IT-Notruf betreut. Ihm gegenüber klingelt also das Telefon, wenn irgendwo auf der Welt die Strafverfolgung klemmt. Er ist also sehr nah dran an den Ermittlern, auch sprachlich. “Wenn wir Pädophile verhaften, haben wir ein Problem: Die sperren ihre Rechner automatisch”, sagt Münch, als fahre er bei den Einsätzen mit, und präsentiert schwungvoll die Lösung: einen USB-Stick von Gamma in den PC, und die Daten sind gerichtsfest gesichert.

    Münch kann so technisches Spielzeug gut erklären. Vielleicht, weil er sich das alles selbst beigebracht hat. Er hat keine Fachausbildung, er hat nicht Informatik studiert, nur drei Semester Jazzklavier und Gitarre. Er war mit einer Band auf Deutschlandtournee, trat als Bassist einer Casting-Girlband bei “Popstars” auf. Steht er dagegen heute auf der Bühne, zeigt er auf Sicherheitskonferenzen, wie man Rechner infiziert. Für die Ermittler ist Münch ein bisschen wie Mushu, der kleine Drache aus “Mulan”, dem Disney-Film von 1998. Er ist der coole Helfer, der Mulan bei der Armeeausbildung und im Kampf beisteht. Münch hat eine Firma, über die er 15 Prozent der Anteile der Gamma International GmbH hält. Er hat sie Mushun genannt, nach dem Drachen aus dem Film, nur mit einem zusätzlichen “n” am Ende, sagt er. Dann lacht er verlegen. Doch ist er nicht nur Miteigentümer, sondern auch Geschäftsführer bei Gamma.

    Mit Medien hat Münch noch nicht viel Erfahrung. Der Süddeutschen Zeitung und dem britischen Guardian liegen Dokumente vor, die zeigen, dass die Gamma-Gruppe eine Firma im Steuerparadies Britische Jungferninseln besitzt. Darauf angesprochen, bestritt Münch vor einigen Wochen erst vehement, dass die Gesellschaft überhaupt existiert. Als der Guardian dann Belege schickte, entschuldigte er sich. Er habe gedacht, dass die Tochter wirklich nicht existiert, schrieb er nach London. Auch nun beantwortet Geschäftsführer Münch Fragen zum Geschäft immer wieder ausweichend. Zahlen, Firmenpartner kenne er nicht. “Ich bin ein kleiner Techniker”, sagt Münch. Die strategischen Entscheidungen in der Firma treffe aber trotzdem er.
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    So bewirbt der Gamma-Prospekt den Trojaner für Handys namens Finspy Mobile.

    Gammas Bestseller aus der Finfisher-Familie heißt Finspy. Münch beugt sich über den Apple-Laptop und zeigt, was das Programm kann. Er steckt das Internetkabel in den Rechner und tippt “mjm” in das Feld für den Benutzernamen, für Martin Johannes Münch. Zuerst wählt der Nutzer das Betriebssystem aus, das er angreifen will: ein iPhone von Apple, ein Handy mit Googles Betriebssystem Android oder einen PC mit Windows oder dem kostenlosen System Linux? Der Ermittler kann eingeben, über wie viele Server in verschiedenen Ländern der Trojaner Haken schlägt, bis auch technisch versierte Opfer nicht mehr nachvollziehen können, wer sie da eigentlich überwacht. Der Trojaner kann ein Sterbedatum bekommen, an dem er sich selbst löscht. Genehmigt ein Richter später eine längere Überwachung, kann das Datum nach hinten geschoben werden.

    Dann darf der Ermittler auswählen, wie fies der Trojaner werden soll, was er können darf: das Mikrofon als Wanze benutzen. Gespeicherte Dateien sichten und sichern, wenn sie gelöscht oder geändert werden. Mitlesen, welche Buchstaben der Nutzer auf der Tastatur drückt. Den Bildschirm abfilmen. Skype-Telefonate mitschneiden. Die Kamera des Rechners anschalten und sehen, wo das Gerät steht. Handys über die GPS-Ortungsfunktion zum Peilsender machen. Finspy präsentiert die überwachten Geräte als Liste. Flaggen zeigen, in welchem Land sich das Ziel befindet. Ein Doppelklick, und der Ermittler ist auf dem Rechner.

    Der Trojaner ist so mächtig, als würde jemand dem Computernutzer über die Schulter gucken. Deswegen kommen Ermittler so auch Verdächtigen auf die Schliche, die ihre Festplatte mit einem Passwort sichern und nur verschlüsselt kommunizieren. Der Trojaner liest einfach das Passwort mit. Doch die meisten Funktionen von Finspy sind in Deutschland illegal.

    Und Finspy kostet. Der Preis geht bei etwa 150.000 Euro los und kann ins siebenstellige gehen, sagt Münch. Denn Gamma baut für jeden Kunden eine eigene Version des Trojaners, die mit dem Recht des Landes konform sein soll. Für jeden überwachten Computer müssen Ermittler eine Lizenz von Gamma kaufen. Die meisten Behörden würden fünf Lizenzen erwerben, sagt Münch, manchmal vielleicht auch zwanzig. “Ziel sind einzelne Straftäter.” Ein “mutmaßlich” benutzt er nicht, im Gespräch verwendet er die Worte “Kriminelle” und “Straftäter”, als seien es Synonyme für “Verdächtige” und “Zielperson”.

    Alaa Shehabi ist so eine Zielperson. Ihr Vergehen: Sie kritisierte die Regierung ihres Landes. Die junge Frau ist in Bahrain geboren, einem Inselstaat im Persischen Golf, etwa so groß wie das Stadtgebiet von Hamburg. Ein Königreich – und ein Polizeistaat. Der sunnitische Regent Hamad Ben Isa al-Khalifa herrscht über eine schiitische Bevölkerungsmehrheit. Als der arabische Frühling vor zwei Jahren auch in sein Land schwappte und Shehabi mit Tausend anderen Reformen forderte, rief der König die Armee von Saudi-Arabien zur Hilfe. Fotos und Videos im Internet zeigen geschundene Körper, von Tränengas verätzte Augen und von Schrotkugeln durchlöcherte Leiber. Es sind die Bilder eines blutig niedergeschlagenen Protestes.
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    Die Polizei greift mit Tränengas an: Bei Protesten starben Demonstranten (Foto: Getty Images)

    Die Formel-1-Veranstalter sahen darin kein Problem und luden vergangenen April zum Großen Preis von Manama, einem glitzernden Großereignis mitten in einem gebeutelten Land. König Khalifa wollte zeigen, wie weltoffen Bahrain sei. Die Opposition hingegen versuchte, zumindest einigen angereisten Journalisten die Wahrheit zu berichten. Auch Shehabi, die ihre dunklen Haare unter einem Schleier verbirgt, traf sich mit Reportern. Sie erzählte von der Polizeigewalt, von den Verletzten, den Toten. Sie brach ein Tabu.

    Shehabi war vorsichtig, achtete darauf, dass niemand sie beobachtete, schaltete während des Interviews ihr Handy aus. Trotzdem besuchten Polizisten sie wenig später. Sie fragten, was sie den Journalisten erzählt habe, und warnten sie, so etwas nie wieder zu tun. Die Beamten ließen sie laufen, doch dann kam die erste E-Mail. Im Betreff stand “torture report on Nabeel Rajab”, im Anhang angeblich Fotos des gefolterten Rajab. Er ist ein Freund Shehabis, ein Oppositioneller wie sie. Shehabi versuchte, die Datei zu öffnen. Es ging nicht. Gut für sie: Denn im Anhang war ein Trojaner von Gamma versteckt. Shehabis E-Mails sollten mitgelesen, ihre Telefonate abgehört werden. Der Polizeistaat Bahrain hatte sie im Visier, und Martin Münchs Software half dabei. Auch andere Oppositionelle berichten von ominösen E-Mails. Mal lockten sie ihre Opfer damit, dass der König zum Dialog bereit sei, mal mit vermeintlichen Folterfotos.

    Selbst im Ausland haben Exil-Bahrainer diesen Regierungs-Spam bekommen. Husain Abdulla etwa, der im US-Bundesstaat Alabama eine Tankstelle betreibt und in Washington Lobbyarbeit für Bahrains Opposition macht. Das Königshaus hat ihm deswegen die Staatsbürgerschaft entzogen, wollte ihn aber trotzdem überwachen und schickte ihm einen Trojaner. Die bahrainische Regierung versuchte also, auf US-Boden einen US-Bürger auszuspähen. Gamma macht’s möglich: “Wenn Finspy Mobile auf einem Handy installiert ist, kann es aus der Ferne überwacht werden, wo auch immer sich das Ziel in der Welt befindet”, heißt es dazu in einem Prospekt.

    Die Universität von Toronto in Kanada hat die EMails an Shehabi und Abdulla untersucht. An ihrem Forschungsinstitut Citizen Lab entschlüsselte Morgan Marquis-Boire, Software-Ingenieur bei Google, das Spähprogramm. Er baut einen virtuellen Sandkasten, setzt einen Computer in die Mitte und lässt den Trojaner auf das abgegrenzte Spielfeld. Dann protokolliert Marquis-Boire, wie das Programm den PC kapert, Passwörter kopiert, Skype-Gespräche aufzeichnet, den Bildschirm abfotografiert. Die gesammelten Daten funkt der Trojaner an einen Server in Bahrain. Marquis-Boire entdeckt im Programmcode das Kürzel “finspyv2” – die zweite Version von Finspy. Auch “Martin Muench” steht da. Münch schreibt seinen Namen seit Jahren mit “ue”.
    Citizen Lab fand Münchs Namen im Code des Trojaners. (Foto: Citizen Lab)

    Schnüffelsoftware für einen Polizeistaat? Auf die Vorwürfe reagiert Gamma merkwürdig. Münch verschickt eine Pressemitteilung, in der steht, dass eine Demoversion für Kunden gestohlen worden sei. Eine klare Aussage zu Bahrain gibt es nicht. Münch sagt nicht, wer Gammas Kunden sind. Er sagt auch nicht, wer nicht Kunde ist. Alles ganz geheim. So muss die Firma damit leben, dass Reporter ohne Grenzen und andere Menschenrechtsaktivisten in dieser Woche eine offizielle Beschwerde beim Bundeswirtschaftsministerium einlegten. Sie verlangen schärfere Kontrollen, wohin Gamma exportiert, und berufen sich dabei auf – allerdings freiwillige – Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nimmt das Ministerium die Beschwerde an, könnten als nächster Schritt Gamma und die Aktivisten versuchen, hinter verschlossenen Türen im Ministerium eine Einigung zu finden.

    Münch wiederholt bei jeder Gelegenheit, dass seine Firma die Exportgesetze in Deutschland einhält. Das soll vorbildlich wirken, aber in Wirklichkeit werden aus München gar keine Finfisher-Produkte verschickt. Das geschieht von England aus. In Andover, nicht weit von Stonehenge, sitzt die Muttergesellschaft von Gamma International, die Gamma Group. Gründer und neben Münch Mehrheitseigentümer ist Louthean Nelson; die Gruppe beschäftigt 85 Mitarbeiter.

    In Großbritannien und Deutschland gilt allerdings dieselbe EU-Verordnung über den Export von Überwachungstechnik. Überwachungstechnologien sind im Sinne dieses Gesetzes keine Waffen, sondern Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Fachwort: dual use. Dementsprechend sind die Auflagen deutlich harmloser als für Panzerverkäufe. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass Gamma vom Kunden ein Zertifikat bekommt, demzufolge Finfisher wirklich beim richtigen Adressaten installiert wurde, gestempelt vom Staat selbst. Das Papier heftet Gamma ab. Wie oft und genau das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle Gamma prüft, wollen weder Münch noch das dafür zuständige Bundeswirtschaftsministerium sagen.

    Wie viele Diktaturen Gamma-Kunden sind, ist nicht bekannt. Das Institut Citizen Lab aus Toronto hat in vielen Ländern Server mit Spuren von Finfisher gefunden. Brunei, Äthiopien, Turkmenistan, die Vereinigten Arabischen Emirate – klingt wie das Kellerduell im Demokratie-Ranking. Doch auch in Staaten wie Tschechien und den Niederlanden fanden die Informatiker Gamma-Server. All diese Länder müssen aber nicht Kunden sein. Jeder Geheimdienst könne schließlich die Daten seines Finfisher-Trojaners durch diese Staaten umleiten, um sich zu tarnen, erklärt Münch. Solche Aussagen können Externe technisch nicht überprüfen.

    In der ungeliebten Öffentlichkeit steht Gamma seit dem arabischen Frühling. Ägyptische Protestler fanden in einer Behörde ein Angebot der Firma an ihre gestürzte Regierung, einen Kostenvoranschlag für Software, Hardware, Training, 287.137 Euro. Eine Lieferung habe es nie gegeben, behauptet Münch.

    Für Andy Müller-Maguhn ist Gamma trotzdem ein “Software-Waffenlieferant”. Er hat eine Webseite zu dem Thema aufgesetzt mit dem Namen buggedplanet.info. Dort protokolliert er Unternehmensdaten, Presseberichte, verwickelte Personen. Müller-Maguhn war früher Sprecher des Chaos Computer Clubs. Ein Video auf Youtube zeigt, wie er sein Projekt 2011 auf der Jahreskonferenz des deutschen Hackervereins präsentiert. Müller-Maguhn ruft seine Seite über Münch auf; die erscheint auf einer Leinwand, mit Geburtsdatum, Privatadresse und Foto von Münch. Der steigt da gerade aus einer Cessna, mit Sonnenbrille und Fliegerjacke, und sieht ein bisschen proletenmäßig aus. Müller-Maguhns Zuschauer lachen.

    Seine Webseite ist auch ein Pranger. “Dass ihre privaten Details in der Öffentlichkeit diskutiert wurden, halte ich für sehr fair, wenn man sich anschaut, was die mit den Leben anderer gemacht haben”, sagt Müller-Maguhn auf der Bühne. “Ich glaube, das ist ein Weg, damit die Leute über Privatsphäre nachdenken.” Applaus und Jubel sind kurz lauter als seine Stimme. Er zuckt mit den Schultern. “Sie wollten nicht am öffentlichen Diskurs teilnehmen. Das wäre vielleicht die Alternative.”

    Seit seine Adresse bekannt ist, bekommt Münch Postkarten, auf denen nur steht: “Ich habe ein Recht auf Privatsphäre.” Kein Absender.

    Spricht Münch über seine Kritiker, klingt er ehrlich entrüstet: “Wir haben immer dieses Bad-Boy-Image. Ist aber kein schönes Gefühl.” Zumal es unverdient sei: “Manche Leute sagen: ,Das mag ich nicht, das geht ins Privatleben.’ Aber die Tatsache, dass sie es nicht mögen, heißt nicht, dass wir etwas Illegales machen.” Er selbst finde zum Beispiel die Fernsehsendung Deutschland sucht den Superstar “scheiße”, aber deswegen sei die nicht illegal.

    Quelle: SZ vom 09.02.2013/bbr

    9. Februar 2013 10:46 Finfisher-Entwickler Gamma
    Von Bastian Brinkmann, Jasmin Klofta und Frederik Obermaier

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