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  • NSU-Untersuchungsausschuss: “Wir haben die Arbeit der Polizei gemacht”

    Bis zuletzt hatte der baden-württembergische Verfassungsschutz versucht, seinen Auftritt zu verhindern – allerdings vergeblich: Vor dem Berliner NSU-Untersuchungsausschuss sagte nun ein ehemaliger V-Mann-Führer aus, dessen Quelle ihm Vertuschung vorwirft.

    Wäre der Anlass nicht so furchtbar, man hätte laut auflachen können, als Rainer Oettinger am Montag im Saal 400 des Deutschen Bundestages hinter einem improvisierten Paravent sitzt, während der Öffentlichkeit Eintritt gewährt wird. Bis zuletzt hatte das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz versucht zu verhindern, dass Oettinger öffentlich vor dem Berliner NSU-Untersuchungsausschuss befragt wird. Doch die Abgeordneten blieben hartnäckig, bestanden auf Transparenz, zu viel ist in der Causa NSU noch immer im Verborgenen.

    Oettinger heißt in Wirklichkeit anders, ist 60 Jahre und seit Januar im Ruhestand. Er war Mitarbeiter des Stuttgarter Verfassungsschutzes und schöpfte laut Behörde zwischen 2007 und 2011 eine Quelle namens “Krokus” ab: Petra S., die inzwischen im irischen Nirgendwo in einem garagengroßen Häuschen lebt – nach eigener Aussage voller Angst vor gewaltbereiten Neonazis, die auf Rache sinnen. Denn Petra S. behauptet, Oettinger im Mai 2007 – kurz nach Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter – Hinweise auf eine Verstrickung mehrerer Rechtsextremisten in dem Fall gegeben zu haben.

    V-Frau “Krokus” selbst war weder eine Rechtsextremistin noch Mitglied in einer politischen Partei oder Organisation, sie hatte zwei Informationsquellen, die sie anzapfte: ihre Freundin, die mit einem NPD-Funktionär liiert war, und eine rechtsextremistische Friseurin, die bei der Landtagswahl 2011 für die NPD kandidierte und bei der sie alle zwei Wochen auf dem Frisierstuhl saß. Die Friseurin Nelly R. habe auch Kontakt zu Freien Kräften gehabt und Skin-Konzerte besucht. Er habe sich von “Krokus” Informationen über Veranstaltungsorte, Treffpunkte und Termine sowie die Beschaffung von Publikationen, beispielsweise vom Grabert-Verlag, erhofft, sagt Oettinger vor dem Ausschuss.

    “Die geborene Quelle”

    Alles in allem sei “Krokus” eine “aufgeschlossene, intelligente, verschwiegene und zuverlässige” Quelle gewesen, um nicht zu sagen: “die geborene Quelle”. Das belegen auch die Akten, die dem NSU-Untersuchungsausschuss Ende Mai geschickt wurden und die dem SPIEGEL vorliegen. Die V-Frau wurde intern stetig besser beurteilt, von Glaubwürdigkeitsstufe F bis hinauf zur zweitbesten Bewertung B.

    Er habe die Informationen meist prompt “materiell umgesetzt”, wie es bei den Verfassungsschützern heiße, sagt Oettinger. Selbst solche wie den Besuch in der Wohnung der rechtextremistischen Friseurin nach dem Haareschneiden, in der sie stolz eine Hitler-Büste und andere Devotionalien präsentierte. Aber alles in allem sei “extrem wenig rübergekommen”.

    Krokus selbst muss es anders gesehen haben. “Ich tue ja nicht so viel für Sie, ich würde meine Arbeit gern intensivieren”, soll sie Oettinger vorgeschlagen und ihre Dienste auch für Recherchen im Linksextremismus angeboten haben. “Sie erweiterte also ihr Repertoire?”, hakt Ausschussvorsitzender Sebastian Edathy süffisant nach. Heraus kamen Informationen wie diese im August 2008: “Linkspartei will wie die CDU für Wahlkampf T-Shirts drucken.”

    V-Frau soll sich krass gewandelt haben

    Als sich “Krokus” in einen vorbestraften Kriminellen verliebt habe, der als Waffennarr gilt, für die IRA gekämpft und sich früher Zypern und der Türkei als Spion angeboten haben will, habe sie allerdings einen “krassen Persönlichkeitswandel” vollzogen, sagt der ehemalige Verfassungsschützer. So sehr, dass er die Zusammenarbeit im Februar 2011 schleunigst beendet habe. “Sie war wie eine Marionette von ihm. Wir merkten, diese Frau ist nicht mehr bei Sinnen”, konstatiert Oettinger. Eine Erfahrung, die auch einige Ausschussmitglieder in den vergangenen Wochen und Monaten gemacht und “wirre Mails” bekommen haben, wie einige sagen.

    Ob er ihre Meinung teile, dass es sich bei V-Frau “Krokus” um die Kategorie “Spinner” handele, fragt SPD-Ausschussmitglied Eva Högl den pensionierten V-Mann-Führer. Das könne er “voll und ganz unterschreiben”, sagt Oettinger, müsse aber sagen: Bis sie “die Inkarnation des Bösen” – nämlich den Lebensgefährten – kennengelernt und dem Verfassungsschutz gedient habe, sei sie eine “gute Quelle” gewesen.

    Petra S. bleibt jedoch bei ihrer Version: Die Friseurin habe ihr im Frühjahr 2007 bei einem Salonbesuch berichtet, Rechtsextremisten würden über eine Krankenschwester den zum damaligen Zeitpunkt schwer verletzten Kollegen der getöteten Polizistin Kiesewetter ausspähen. Sie wollten demnach herausbekommen, wann er aufwache und ob er sich an etwas erinnere. Wenn dem so sei, werde unter den Rechtsextremisten überlegt, “ob etwas zu tun sei”.

    “Krokus” wirft dem Geheimdienst Vertuschung vor

    Die Information, sagte “Krokus” dem SPIEGEL, habe sie unmittelbar an den Verfassungsschützer Oettinger weitergegeben. Mehrere Namen bekannter Neonazis will sie dabei genannt haben. Oettinger jedoch habe sie aufgefordert, sich aus der Sache herauszuhalten, und sie eindringlich daran erinnert, dass sie eine Geheimhaltungsverpflichtung unterschrieben habe.

    In den umfangreichen “Krokus”-Akten findet sich allerdings zum fraglichen Zeitpunkt kein Hinweis auf eine entsprechende Quellen-Information. Folgt man dem Dossier, wäre das auch unmöglich. Nach Aktenlage nämlich wurde “Krokus” erst von Juni oder Juli 2007 an als Quelle des Landesamts geführt – mithin zwei oder drei Monate nach dem Mordanschlag auf die beiden Polizisten. “Krokus” dagegen schwört, seit Herbst 2006 regelmäßig an Oettinger berichtet zu haben, und wirft dem Geheimdienst Vertuschung vor.

    Wenn eine “Information dieser Art” an ihn herangetragen worden wäre, hätte es ihn schon damals – nicht erst mit dem Wissen heute – “elektrisiert”, sagt Oettinger. Er sei selbst Polizist gewesen, und solch ein Hinweis hätte bedeutet, dass ein Kollege gefährdet sei. “So eine Information gab es nicht einmal ansatzweise.”

    “Untersuchungsausschuss hat Arbeit der Polizei gemacht”

    Der Unmut der Ausschussmitglieder über das Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) war groß am Montag. “Es steht nicht Aussage gegen Aussage”, wetterte Grünen-Obmann Wolfgang Wieland nach der Zeugenvernehmung. “Frau ‘Krokus’ sagt heute hü und morgen hott, je nachdem wie eng sie mit ihrem Lebensgefährten liiert ist.”

    Die Vernehmung habe leider nicht weitergeholfen, sagte SPD-Obfrau Högl. Oettinger sei ein glaubwürdiger Zeuge, man hätte sich die Zeit sparen können, wenn das LKA ihn vernommen hätte. “Der Untersuchungsausschuss hat heute die Arbeit der Polizei gemacht”, fasste es CDU-Obmann Clemens Binninger zusammen. “Nicht, weil sie nicht wollte, sondern weil sie nicht durfte!”

    Ermittler des LKA hatten nicht nur versucht, das Gremium von einer Befragung abzubringen, sondern auch verlautbaren lassen, dass es aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, den V-Mann-Führer selbst zu vernehmen.

    24. Juni 2013, 19:38 Uhr
    Von Julia Jüttner und Jörg Schindler, Berlin

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    © SPIEGEL ONLINE 2013

    Germans intercept electronic data, too – but not much

    Following public outrage about surveillance in other countries, Germans are asking how much access their own intelligence services have to private communications. Not as much as they would like, it seems.

    In 2010 the German Federal Intelligence Service (BND) gathered around 37 million e-mails, text messages and other telecommunications data. According to a report by the parliamentary watchdog, around 10 million of these messages fell under the heading of “international terrorism.”

    Since then, however, the number has dropped to a fraction of that amount. In 2011 the BND intercepted 2.9 million electronic messages; in 2012 this dropped again, to 900,000. The messages checked were not only those containing certain keywords: telephone numbers and IP addresses that fell under suspicion were also monitored.
    The German Federal Intelligence Service is subject to strict controls

    It is the BND’s job to acquire information in order to identify and ward off threats to Germany’s security. It investigates terrorist plots, the illegal arms trade, people smuggling and drug trafficking. The intelligence service has to abide by strict laws when conducting any kind of surveillance, and is subject to supervision by a special committee of the German parliament.

    Michael Hartmann of the opposition Social Democrats, Gisela Piltz of the junior coalition partner, the Free Democrats, and Hans-Peter Uhl of the Bavarian sister party of the governing Christian Democrats, the Christian Social Union, are three of the 11 members of the parliamentary watchdog in the Bundestag. The three are keen to reassure the public that Germany is not turning into a “Big Brother” surveillance state.

    In recent years the watchdog has been given greater authority. It is authorized to interview all secret service agents, has access to all files, and can intervene if things are not being done according to the rules.

    The three members of the committee point to the dramatic decrease in the amount of telecommunications data collected since 2010 – a consequence of improvements in surveillance techniques.

    Privacy protected by the constitution
    Edward Snowden’s revelations led Germans to ask what their secret services were up to

    Michael Hartmann admits that the BND still throws its digital net wide, but emphasizes that collection of data is neither random nor unlimited. “Messages or phone conversations are only analyzed if there is concrete suspicion of criminal activity,” he says. Hartmann insists that the BND would never spy or eavesdrop on countries that are Germany’s allies.

    Hans-Peter Uhl points out that it is forbidden for the BND to tap the phones of German citizens, either at home or abroad, unless there are concrete grounds for suspicion. “Should they eavesdrop on a foreigner in conversation with a German citizen, they have to erase the conversation,” he says. This deletion process is documented, so the data protection supervisor is able to check it really was carried out.

    The watchdog members highlight the fact that a court order is required before any phone tap can be instigated. They acknowledge that personal privacy is a highly-valued commodity for everyone living in Germany, and that it is enshrined as such in the constitution. Whenever there is a question of the German intelligence services being allowed to do something which might infringe on this fundamental right, control measures must be put in place by a supervisory committee, the so-called G10 Commission, which supervises all invasions of postal, telephone and Internet privacy.

    According to the German parliament, in 2011 the G10 Commission authorized Germany’s three intelligence services – domestic, foreign and military – to carry out 156 such infringements, limited to a maximum of between three and six months each.

    Making surveillance public

    German law also states that once an operation has come to an end, the person who has been under surveillance, or the object of a wiretap, has to be informed. This can result in official complaints, which are dealt with in public proceedings. At the last count, administrative courts in Berlin and Cologne were dealing with 16 such cases.
    The BND is not allowed to eavesdrop on German citizens without a special court order

    “We have a list of these complaints and follow them up,” says Gisela Piltz. “I don’t have the impression that the intelligence services are in general doing things illegally.”

    In the past, representatives of the intelligence services have repeatedly attempted to persuade successive governments to allow them more extensive access to Internet and telephone data. They argue that it is essential if they are to be effective in countering terrorists and criminals using modern methods.

    However, many of these requests have been denied: as, for example, when they wanted to be allowed to stockpile large amounts of data for possible future use, even if there was no concrete suspicion at the time of collection. The Constitutional Court rejected the application, and a law allowing it that was briefly in effect between 2008 and 2010 had to be repealed as a result.

    An EU Commission guideline would now permit Germany to store telecommunications data for up to six months. So far, however, the justice minister has refused to adopt this into German law. The EU has instigated legal proceedings. Requirements for telecommunications providers to save data for longer than six months so that they can be made available to the intelligence services have also, so far, not been implemented.

    Limited effectiveness
    Rolf Tophoven believes data interception is only of limited use in combating terrorism

    Rolf Tophoven, director of the Institute for Crisis Prevention in Essen and an expert on terrorism, says the secret services should not rely too heavily on the technical analysis of telecommunications data. “The results that are relevant to the intelligence services are very modest compared with the mass of data in the information gathered,” he says.

    The parliamentary watchdog has even put a figure on this. It reports that out of 2.5 million e-mails analyzed by the BND, only 300 contained material relevant to their investigations.

    Tophoven believes that the BND needs to employ more specialists in analyzing data and assessing a situation – if possible, on the ground. “The modern terrorist is radicalized in secret. He slips under the radar of the intelligence services and their high-tech computers,” he explains, giving the perpetrators of the Boston marathon bombings as an example.

    Since the recent revelations about the extent of the United States’ surveillance program, there have been fears that Germany’s intelligence services may also be spying on its citizens more than previously admitted. However, Tophoven believes this is unlikely – and not just because of strict regulation: “The Germans don’t collect data that extensively because they don’t have anything like the personnel or the technical and financial means to do so.”

    Date 26.06.2013
    Author Wolfgang Dick / cc
    Editor Michael Lawton

    Find this story at 26 June 2013

    © 2013 Deutsche Welle

    Privacy Problem? Road Shooter Found Via Mass Data Collection

    Germans are apoplectic about the Internet spy programs Prism and Tempora. But police here this week announced the capture of a highway shooter using similar tactics. Privacy activists are concerned.

    Germans are furious. Revelations that the United States and Britain — along with Canada, New Zealand and Australia, as part of the so-called “Five Eyes Alliance” — have spent recent years keeping a suffocatingly close watch on web and cellular communications have led politicians in Berlin to utter increasingly drastic condemnations. Over the weekend, for example, Justice Minister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger referred to the British surveillance program Tempora as a “catastrophe” and said it was a “Hollywood-style nightmare.”

    But is there not a time and a place for mass data collection? This, too, is a question Germany is grappling with this week after the capture of a truck driver who spent years shooting at other vehicles on the country’s autobahns. He was caught only after police set up a complicated surveillance system which was able to read the license plate numbers of tens of thousands of cars and trucks on the country’s highways.

    The operation has unsettled data protection activists. But Jörg Ziercke, head of Germany’s Federal Criminal Police Office (BKA), praised the effort on Tuesday, telling journalists that “we have found the famous needle in a haystack.” He said there was “no alternative” to the intensive surveillance efforts the police used to capture the perpetrator.

    The case involves a truck driver who fired at least 762 shots at cars and trucks on German highways and at buildings in a shooting spree that began in 2008. In several cases, his targets were only barely able to avoid accidents as a result of the shots. In 2009, one woman was hit in the neck with a bullet fired by the truck driver, identified on Tuesday only as a 57-year-old truck driver from North Rhine-Westphalia, but survived.

    German officials said on Tuesday that the driver would be charged with attempted murder in addition to weapons related charges. Ziercke said the man had confessed soon after he was arrested over the weekend and said that he had acted “out of anger and frustration with traffic.” He said that he saw the situation on Germany’s autobahns as a kind of “war” and that he had merely been trying to defend himself.

    A Police Monitoring System

    Yet as unique as the case is, the methods employed by the police to solve it have attracted more attention. Initially, officers sought to attract shots themselves, driving a truck on the autobahns between Cologne, Frankfurt, Nuremberg and Karlsruhe where most of the gunfire had been reported. The police vehicle, however, was never targeted.

    Plan B is the one that has raised data protection concerns. Even though Germany has a toll system which collects information on the trucks plying the country’s highways, police are forbidden access to the data collected. So they essentially constructed one of their own. On seven sections of the autobahns in question, police erected equipment that was able recognize and store the license plate numbers of vehicles that drove by. Using that data, they were able to identify vehicles that passed a certain section of highway at roughly the same time as did a target vehicle.

    In April, the system hit pay-dirt. In just five days, six drivers reported being shot at. Officers were able to reconstruct the likely route taken by the perpetrator and they then looked at the license plate data collected by cameras stationed along that route. By filtering through the information gathered, they were able to identify one truck that could have been at each site where shots were reported. They were then able to match up the route with the mobile phone data of the driver. “The correspondence” between the two data sets “was clear,” Zierke said on Tuesday.

    But were the methods employed by the federal police legal? Data protection officials aren’t so sure. “Even if the search for the highway shooter was successful in the end, from a data protection perspective the preliminary verdict on the methods used is rather ambivalent,” Edgar Wagner, the top data protection official for the state of Rhineland-Palatinate, said in a statement. “There is not a sufficient legal basis for such a nationwide … investigative technique.”

    ‘A Price to Pay’

    He said that by his calculations, “60 to 80 million sets of data from completely innocent people” were gathered during the course of the investigation “to catch a single suspect. We have (long) known that such a procedure can be effective. But there is also a price to pay.”

    It is a sentiment that is shared by many in Germany. The country has had plenty of experience with state overreach, with both the Nazis and the East Germans being experts at keeping close tabs on their citizenry. That history manifests itself in an extreme sensitivity to data privacy issues and the country has been particularly watchful when it comes to the use of digital data by companies such as Google and Facebook. Indeed, government officials beyond the Justice Ministry have reacted to US and British digital spying with notable vehemence.

    It is perhaps not surprising then, that Wagner is not alone with his concerns. While not directly criticizing the methods used by federal police to track down the autobahn shooter, Wagner’s data-protection counterpart in North Rhine-Westphalia, Ulrich Lepper, expressed serious reservations in a Wednesday interview with the Bonn daily General-Anzeiger.

    Powerful Preventative Measure

    “The freedom to move around in the public space without being monitored is one of our fundamental rights,” he said. “Data protection — the right to control information about your person — means that you can decide who knows what and when … about you. These rights can only be infringed upon on the basis of a law.”

    Ziercke, not surprisingly, does not share such concerns. He believes that law enforcement should have access to the data collected by the truck toll system and also argued on Tuesday that data collection could be a powerful preventative measure. “I would like to meet a data protection activist who is able to convince someone with the argument that we should not have been allowed to use that data to prevent danger,” he said. “I don’t find such arguments to be credible.”

    Ziercke’s argument is notably close to that used by US President Barack Obama in defending the National Security Agency’s online spying program Prism. The data gathered is useful, Obama has repeatedly insisted this month, for the prevention of terror attacks.

    Germans have largely rejected that line of argumentation. Whether their scorn will be applied closer to home remains to be seen.

    06/26/2013 05:08 PM
    By Charles Hawley

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    © SPIEGEL ONLINE 2013

    Berlin accuses Washington of cold war tactics over snooping

    Reports of NSA snooping on Europe go well beyond previous revelations of electronic spying

    Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: ‘If the media reports are true, it is reminiscent of the actions of enemies during the cold war’. Photograph: Ole Spata/Corbis

    Transatlantic relations plunged at the weekend as Berlin, Brussels and Paris all demanded that Washington account promptly and fully for new disclosures on the scale of the US National Security Agency’s spying on its European allies.

    As further details emerged of the huge reach of US electronic snooping on Europe, Berlin accused Washington of treating it like the Soviet Union, “like a cold war enemy”.

    The European commission called on the US to clarify allegations that the NSA, operating from Nato headquarters a few miles away in Brussels, had infiltrated secure telephone and computer networks at the venue for EU summits in the Belgian capital. The fresh revelations in the Guardian and allegations in the German publication Der Spiegel triggered outrage in Germany and in the European parliament and threatened to overshadow negotiations on an ambitious transatlantic free-trade pact worth hundreds of billions due to open next week.

    The reports of NSA snooping on Europe – and on Germany in particular – went well beyond previous revelations of electronic spying said to be focused on identifying suspected terrorists, extremists and organised criminals.

    Der Spiegel reported that it had seen documents and slides from the NSA whistleblower Edward Snowden indicating that US agencies bugged the offices of the EU in Washington and at the UN in New York. They are also accused of directing an operation from Nato headquarters in Brussels to infiltrate the telephone and email networks at the EU’s Justus Lipsius building in the Belgian capital, the venue for EU summits and home of the European council.

    Citing documents it said it had “partly seen”, the magazine reported that more than five years ago security officers at the EU had noticed several missed calls apparently targeting the remote maintenance system in the building that were traced to NSA offices within the Nato compound in Brussels.

    Less than three months before a German general election, the impact of the fresh disclosures is likely to be strongest in Germany which, it emerged, is by far the biggest target in Europe for the NSA’s Prism programme scanning phone and internet traffic and capturing and storing the metadata.

    The documents reviewed by Der Spiegel showed that Germany was treated in the same US spying category as China, Iraq or Saudi Arabia, while the UK, Canada, Australia, and New Zealand were deemed to be allies not subject to remotely the same level of surveillance.

    Germany’s justice minister, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, called for an explanation from the US authorities. “If the media reports are true, it is reminiscent of the actions of enemies during the cold war,” she was quoted as saying in the German newspaper Bild. “It is beyond imagination that our friends in the US view Europeans as the enemy.”

    France later also asked the US for an explanation. The foreign minister, Laurent Fabius, said: “These acts, if confirmed, would be completely unacceptable.

    “We expect the American authorities to answer the legitimate concerns raised by these press revelations as quickly as possible.”

    Washington and Brussels are scheduled to open ambitious free-trade talks next week after years of arduous preparation. Senior officials in Brussels are worried that the talks will be setback by the NSA scandal. “Obviously we will need to see what is the impact on the trade talks,” said a senior official in Brussels.

    A second senior official said the allegations would cause a furore in the European parliament and could then hamper relations with the US.

    However, Robert Madelin, one of Britain’s most senior officials in the European commission, tweeted that EU trade negotiators always operated on the assumption that their communications were listened to.

    A spokesman for the European commission said: “We have immediately been in contact with the US authorities in Washington and in Brussels and have confronted them with the press reports. They have told us they are checking on the accuracy of the information released yesterday and will come back to us.”

    There were calls from MEPs for Herman Van Rompuy, president of the European council – who has his office in the building allegedly targeted by the US – and José Manuel Barroso, president of the European commission, to urgently appear before the chamber to explain what steps they were taking in response to the growing body of evidence of US and British electronic surveillance of Europe through the Prism and Tempora operations.

    Guy Verhofstadt, the former Belgian prime minister and leader of the liberals in the European parliament, said: “This is absolutely unacceptable and must be stopped immediately. The American data-collection mania has achieved another quality by spying on EU officials and their meetings. Our trust is at stake.”

    Luxembourg’s foreign minister, Jean Asselborn, told Der Spiegel: “If these reports are true, it’s disgusting.” Asselborn called for guarantees from the highest level of the US government that the snooping and spying be halted immediately.

    Martin Schulz, the head of the European parliament, said: “I am deeply worried and shocked about the allegations of US authorities spying on EU offices. If the allegations prove to be true, it would be an extremely serious matter which will have a severe impact on EU-US relations.

    “On behalf of the European parliament, I demand full clarification and require further information speedily from the US authorities with regard to these allegations.”

    There were also calls for John Kerry, the US secretary of state on his way back from the Middle East, to make a detour to Brussels to explain US activities.

    “We need to get clarifications and transparency at the highest level,” said Marietje Schaake, a Dutch liberal MEP. “Kerry should come to Brussels on his way back from the Middle East. This is essential for the transatlantic alliance.”

    The documents suggesting the clandestine bugging operations were from September 2010, Der Spiegel said.

    Der Spiegel quoted the Snowden documents as revealing that the US taps half a billion phone calls, emails and text messages in Germany a month. “We can attack the signals of most foreign third-class partners, and we do,” Der Spiegel quoted a passage in the NSA document as saying.

    It quoted the document from 2010 as stating that “the European Union is an attack target”.

    On an average day, the NSA monitored about 15m German phone connections and 10m internet datasets, rising to 60m phone connections on busy days, the report said.

    Officials in Brussels said this reflected Germany’s weight in the EU and probably also entailed elements of industrial and trade espionage. “The Americans are more interested in what governments think than the European commission. And they make take the view that Germany determines European policy,” said one of the senior officials.

    Jan Philipp Albrecht, a German Green party MEP and a specialist in data protection, told the Guardian the revelations were outrageous. “It’s not about political answers now, but rule of law, fundamental constitutional principles and rights of European citizens,” he said.

    “We now need a debate on surveillance measures as a whole looking at underlying technical agreements. I think what we can do as European politicians now is to protect the rights of citizens and their rights to control their own personal data.”

    Germany has some of the toughest data privacy laws in Europe, with the issue highly sensitive not least because of the comprehensive surveillance by the Stasi in former communist east Germany as well as the wartime experience with the Gestapo under the Nazis.

    Der Spiegel noted that so far in the NSA debacle, the chancellor, Angela Merkel, had asked only “polite” questions of the Americans but that the new disclosures on the sweeping scale of the surveillance of Germany could complicate her bid for a third term in September.

    Ian Traynor in Brussels
    The Guardian, Sunday 30 June 2013 21.55 BST

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    Anglo-Saxon Spies; German National Security Is at Stake

    Overzealous data collectors in the US and Great Britain have no right to investigate German citizens. The German government must protect people from unauthorized access by foreign intelligence agencies, and it must act now. This is a matter of national security.

    “Germany’s security is also being defended in the Hindu Kush, too,” Peter Struck, who was Germany’s defense minister at the time, said in 2002. If that’s true, then the government should also be expected to defend the security of its people at their own doorstep. Because the massive sniffing out and saving of data of all kinds — that of citizens and businesses, newspapers, political parties, government agencies — is in the end just that: a question of security. It is about the principles of the rule of law. And it is a matter of national security.

    We live in changing times. At the beginning of last week, we thought after the announcement of the American Prism program, that US President Barack Obama was the sole boss of the largest and most extensive control system in human history. That was an error.

    Since Friday, we have known that the British intelligence agency GCHQ is “worse than the United States.” Those are the words of Edward Snowden, the IT expert who uncovered the most serious surveillance scandal of all time. American and British intelligence agencies are monitoring all communication data. And what does our chancellor do? She says: “The Internet is uncharted territory for us all.”

    That’s not enough. In the coming weeks, the German government needs to show that it is bound to its citizens and not to an intelligence-industrial complex that abuses our entire lives as some kind of data mine. Justice Minister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hit the right note when she said she was shocked by this “Hollywood-style nightmare.”

    An Uncanny Alliance

    We have Edward Snowden to thank for this insight into the interaction of an uncanny club, the Alliance of Five Eyes. Since World War II, the five Anglo-Saxon countries of Great Britain, the United States, Australia, New Zealand and Canada have maintained close intelligence cooperation, which apparently has gotten completely out of control.

    It may be up to the Americans and the British to decide how they handle questions of freedom and the protection of their citizens from government intrusion. But they have no right to subject the citizens of other countries to their control. The shoulder-shrugging explanation by Washington and London that they have operated within the law is absurd. They are not our laws. We didn’t make them. We shouldn’t be subject to them.

    The totalitarianism of the security mindset protects itself with a sentence: If you have nothing to hide, you have nothing to fear. But firstly, that contains a presumption: We have not asked the NSA and GCHQ to “protect” us. And secondly, the sentence is a stupid one: Because we all have something to hide, whether it pertains to our private lives or to our business secrets.

    No Agency Should Collect So Much Data

    Thus the data scandal doesn’t pertain just to our legal principles, but to our security as well. We were lucky that Edward Snowden, who revealed the spying to the entire world, is not a criminal, but an idealist. He wanted to warn the world, not blackmail it. But he could have used his information for criminal purposes, as well. His case proves that no agency in the world can guarantee the security of the data it collects — which is why no agency should collect data in such abundance in the first place.

    That is the well-known paradox of totalitarian security policy. Our security is jeopardized by the very actions that are supposed to protect it.

    So what should happen now? European institutions must take control of the data infrastructure and ensure its protection. The freedom of data traffic is just as important as the European freedom of exchange in goods, services and money. But above all, the practices of the Americans and British must come to an end. Immediately.

    It is the responsibility of the German government to see to it that the programs of the NSA and GCHQ no longer process the data of German citizens and companies without giving them the opportunity for legal defense. A government that cannot make that assurance is failing in one of its fundamental obligations: to protect its own citizens from the grasp of foreign powers.

    Germans should closely observe how Angela Merkel now behaves. And if the opposition Social Democrats and Green Party are still looking for a campaign issue, they need look no further.

    06/24/2013 05:07 PM

    A Commentary by Jakob Augstein

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    Schnüffelprogramm Tempora; Justizministerin schickt Brandbriefe an britische Regierung

    Berlin drängt auf Antworten aus London: Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat zwei britische Kabinettsmitglieder per Brief aufgefordert, mehr Details über das Spähprogramm Tempora zu veröffentlichen. In den Schreiben übt die FDP-Politikerin indirekt Kritik an der Cameron-Regierung.

    Berlin – Jetzt schaltet sich die Bundesjustizministerin ein: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat den britischen Justizminister Christopher Grayling und die britische Innenministerin Theresa May aufgefordert, mehr Informationen über das Geheimdienstprogramm Tempora offenzulegen. Am Dienstag wandte sich Leutheusser-Schnarrenberger schriftlich an die beiden Kabinettsmitglieder von Großbritanniens Premier David Cameron. Die Briefe liegen SPIEGEL ONLINE vor.

    In den beiden Schreiben identischen Inhalts, die am Vormittag parallel an die Minister verschickt wurden, äußerte sich die Ministerin sehr besorgt über die jüngsten Berichte über das gigantische Spähprogramm. Der Verdacht, durch digitale Überwachungsmethoden “riesige Mengen an Daten, E-Mails, Facebook-Nachrichten und Anrufe zu sammeln, zu speichern und zu verarbeiten”, hätte in Deutschland erhebliche Bedenken ausgelöst, heißt es in den Briefen.

    Leutheusser-Schnarrenberger forderte Aufklärung in folgenden Punkten:

    Auf welcher Rechtsgrundlage das Spähprogramm ausgeführt worden sei,
    ob auf konkreten Verdacht ausgespäht oder die Daten allgemein ohne Anlass gesammelt worden seien,
    ob die Überwachungsmaßnahmen von Richtern hätten abgesegnet werden müssen,
    wie die Abhöraktionen konkret funktioniert hätten, welche Daten genau gespeichert und ob deutsche Bürger betroffen seien.

    Auch übte sie indirekt Kritik an der Informationspolitik der Cameron-Regierung. “Die Kontrollfunktion von Parlament und Justiz zeichnet einen freien und demokratischen Staat aus. Sie kann aber nicht ihre Wirkung entfalten, wenn Regierungen bestimmte Maßnahmen in Schweigen hüllen”, hieß es weiter.

    Leutheusser-Schnarrenberger appellierte an Grayling und May, die Grundsätze der Bürgerrechte nicht aus den Augen zu verlieren und mahnte Aufklärung an. “In unserer modernen Welt bieten die neuen Medien den Rahmen für einen freien Austausch von Meinungen und Informationen. Ein transparentes Regierungshandeln ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Funktionieren eines demokratischen Staates und bedingt die Rechtsstaatlichkeit”, so die Ministerin.

    Die FDP-Politikerin hatte sich bereits im Zusammenhang mit dem amerikanischen Spähprogramm Prism schriftlich an ihren US-Kollegen gewandt. Sie regte zudem an, im schwarz-gelben Kabinett eine Internet-Task-Force aus den beteiligten Ministerien zu bilden.

    Die Ministerin beendete ihre Schreiben mit der Forderung nach strengeren Datenschutzstandards in der EU. Das Thema müsse beim nächsten Treffen der EU-Justizminister im Juli auf die Tagesordnung, so Leutheusser-Schnarrenberger.

    Am Montag hat die Bundesregierung von Großbritannien offiziell Auskunft über das massenhafte Anzapfen von Telefon- und Internetverbindungen verlangt. Dazu sandte das Innenministerium eine Reihe von Fragen an den britischen Botschafter. Zur europäischen Chefsache will Kanzlerin Angela Merkel den Fall Tempora allerdings vorerst nicht machen. Beim EU-Gipfel Ende der Woche wolle Merkel keine Debatte über das britische Spionageprogramm forcieren, hieß es zu Beginn der Woche.

    25. Juni 2013, 11:40 Uhr

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    So schöpfen die Spione Ihrer Majestät deutsche Daten ab

    An einem einzigen Tag soll der britische Geheimdienst GCHQ Zugriff auf 21.600 Terabyte gehabt haben – wozu, weiß nicht einmal der BND. Sicher ist nur: Die Überwacher bekommen Hilfe von großen Telekommunikationskonzernen.

    Das amerikanische Außenministerium hat vor Jahren einen kleinen Flecken in Ostfriesland auf eine Liste der weltweit schützenswürdigen Einrichtungen gesetzt. Ein Angriff auf das Städtchen Norden könnte angeblich die nationale Sicherheit der USA bedrohen. Sogar der Chef des US-Geheimdienstes NSA, General Keith B. Alexander, hat vor terroristischen Attacken gewarnt.

    Norden ist ein heimliches Zentrum der neuen virtuellen Welt. Das TAT-14 (Trans Atlantic Telephone Cable No 14) ist am Hilgenrieder Siel bei Norden verbuddelt. Die meisten Internetverbindungen zwischen Deutschland und Amerika laufen dort durch mehrere Glasfaserleitungen; auch Frankreich, die Niederlande, Dänemark und Großbritannien sind durch TAT-14 miteinander verbunden. Etwa 50 internationale Telekommunikationsfirmen, darunter die Deutsche Telekom, betreiben ein eigenes Konsortium für dieses Kabel.

    Manchmal fließen pro Sekunde Hunderte Gigabyte an Daten durch die Leitungen. Es ist ein gigantischer Datenrausch: Millionen Telefonate und E-Mails schießen durch das Netz. Auch deshalb hat der deutsche Verfassungsschutz stets nachgeschaut, ob in Norden alles in Ordnung ist. Keine Sabotage. Keine Terroristen. Kein Problem?

    Für die über die “Seekabelendstelle” Norden, wie die offizielle Bezeichnung der Einrichtung lautet, vermittelten Daten hat sich offenbar der britische Geheimdienst Government Communications Headquarters (GCHQ) brennend interessiert. Aus Unterlagen des Whistleblowers Edward Snowden jedenfalls soll hervorgehen, dass die Briten im Rahmen der Operation “Tempora” die Daten abgegriffen haben. Es soll sich um unzählige Daten handeln, die aus Deutschland kamen oder nach Deutschland geschickt wurden.

    Das ist nicht der Cyberkrieg, vor dem die amerikanische NSA immer gewarnt hat, sondern ein heimlicher umfassender Big-Data-Angriff auf die Bevölkerung eines befreundeten Landes. Die alte Formel: “Freund hört mit” umfasst das Problem nicht mal ungefähr. Großbritanniens Geheimdienst hat einen Lauschangriff auf Deutschland gestartet.

    Die Menge der abgefangenen Daten ist noch Spekulation, und unklar ist auch, wo der Angriff genau erfolgt sein soll. Sicher nicht in Norden, das früher durch sein Seeheilbad bekannt wurde. Das würde sich kein Nachrichtendienstler trauen. Schon gar nicht in freundlicher Absicht.

    Wahrscheinlich erfolgte der Angriff in dem kleinen Küstenstädtchen Bude im Südwesten Englands, das 858 Kilometer Luftlinie von Norden entfernt liegt. Dort macht das Kabel Zwischenstation – das Ende der Strecke ist New Jersey.

    Dass ein britischer Geheimdienst auf diese Weise und so umfassend E-Mails deutscher Bürger abfängt oder Telefonate abhört, war vor Snowdens Enthüllungen für undenkbar gehalten worden. Der Bundesnachrichtendienst erklärt seit Tagen, dass er von den Aktivitäten der Amerikaner oder der Briten nichts wusste und selbst nur Zeitungswissen habe. Das klingt glaubhaft. Die beiden befreundeten Nationen, heißt es in Berlin, hätten offenbar ihr eigenes nationales Sicherheitsprogramm gefahren.

    So viel Sicherheit war sicherlich nur mithilfe von Kommunikationsgesellschaften möglich. Angeblich sollen die beiden britischen Unternehmen Vodafone und British Telecommunications (BT) den Geheimen behilflich gewesen sein.

    Jeder Eingriff, das erklärt eine Telekom-Sprecherin, müsste von dem internationalen Konsortium genehmigt werden, aber eine solche Genehmigung liegt nicht vor. Ein Sprecher der britischen Vodafone erklärte auf Anfrage, dass sich das Unternehmen an die Gesetze in den jeweiligen Ländern halte und Angelegenheiten, die mit der nationalen Sicherheit zusammenhingen, nicht kommentiere. Diese Formel klingt in diesen Tagen sehr vertraut.

    Rechtsgrundlage für die Aktion “Tempora” ist ein sehr weit gefasstes Gesetz aus dem Jahr 2000. Danach kann die Kommunikation mit dem Ausland abgefangen und gespeichert werden. Die privaten Betreiber der Datenkabel, die beim Abhören mitmachen, sind zum Stillschweigen verpflichtet.

    Nordengate macht klar, wie unterschiedlich Gesetze und Regeln in dieser Welt angewandt werden, es symbolisiert aber auch den Wandel der Geheimdienstarbeit. Ganz früher haben Nachrichtendienste Telefonate über relativ simple Horchposten abgehört. Glasfaserleitungen stellten die Dienste vor neue Herausforderungen. Telefonate werden seitdem in optische Signale umgewandelt. Da die Leitungen vor allem am Meeresboden verlaufen, gerieten Nachrichtendienste für kurze Zeit an ihre Grenzen.

    Bereits um die Jahrtausendwende berichteten amerikanische Blätter, dass die NSA mithilfe von U-Booten an die Daten gelangen wollte. So wurde das Atom-U-Boot Jimmy Carter umgerüstet, um Glasfaserkabel aufzuschlitzen und dann abzuhören. Vorher hatten die Dienste auf anderem Weg regelmäßig Seekabel angezapft. Bei früheren Kupferkabeln reichte ein Induktions-Mikrofon, um die Gespräche abzugreifen. Glasfaserkabel hingegen müssen gebogen werden, um die optisch vermittelten Signale auslesen zu können. Am verwundbarsten sind die Kabel freilich an Land.

    Was die Briten mit den vielen deutschen Daten machen und gemacht haben, erschließt sich selbst dem BND nicht so ganz. An einem einzigen Tag soll der britische Geheimdienst insgesamt Zugriff auf 21.600 Terabyte gehabt haben. Dank Snowden ist bekannt, dass die abgefangenen Inhalte drei Tage vorgehalten wurden und Benutzerdaten 30 Tage. In der Zwischenzeit wurden die Daten mit speziellen Programmen gefiltert. Selbst dem Briten George Orwell wäre ein solches Überwachungsprogramm im Leben nicht eingefallen.

    25. Juni 2013 05:10 Großbritanniens Abhördienst GCHQ
    Von John Goetz, Hans Leyendecker und Frederik Obermaier

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    Nato-Geheimarmeen: Bundesregierung überprüft Einleitung eines Ermittlungsverfahrens

    Staatsminister Eckhard von Klaeden bestätigt Auflösung deutscher Gladio-Einheiten im September 1991

    Nun ist auch die Bundesregierung auf den Plan gerufen: Die Vorwürfe des Duisburger Historikers Andreas Kramer, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) an Anschlägen auf Strommasten in Luxemburg beteiligt war (Stay Behind – Agenten sterben einsam ), werden derzeit auf Veranlassung der Bundesregierung überprüft.

    Das geht aus einer Antwort von Staatsminister Eckhard von Klaeden (CDU) hervor, die der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Andrej Hunko, auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Hunko wollte im April wissen, ob die Bundesregierung über Details zur Beteiligung des BND an den Anschlägen in Luxemburg vor beinahe 30 Jahren verfügt und welche Anstrengungen vonseiten der Bundesregierung unternommen wurden, um die Verwicklung deutscher Gladio-Einheiten in mögliche weitere Anschläge aufzuklären.

    Klaeden ließ verlauten, dass “eine Prüfung der einschlägigen Unterlagen … bislang keine Hinweise ergeben (hat), die die … angesprochenen Sachverhalte bestätigen könnten”. Gleichzeitig erklärte Klaeden, dass dessen ungeachtet, “die Bundesregierung eine weitere Prüfung veranlasst” habe, “unter anderen die Prüfung, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist”. Klaeden sagte außerdem zur Existenz der deutschen Gladio-Einheiten: “Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst.” Anzeige

    Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser, der intensiv zu den Geheimarmeen der Nato geforscht hat, sagte gegenüber Telepolis, dass sich Deutschland sehr schwer tue, einer Aufarbeitung des Kapitels Gladio im eigenen Land zu stellen.

    In Deutschland hat man versucht, die Gladio-Forschung zu verhindern, aber das wird nicht gelingen, das Thema ist zu wichtig, gerade auch wegen den vermuteten Verbindungen zum Anschlag in München von 1980.
    Daniele Ganser

    Ganser erklärte, dass es es in Deutschland zunächst nur hinter verschlossenen Türen, im November 1990, eine Bestätigung der Stay-behind-Strukturen gab:

    “Aber in der Öffentlichkeit log man die Bevölkerung an”, so Ganser weiter. Am 30. November 1990 habe Staatsminister Lutz Stavenhagen im Namen der Regierung Kohl gesagt, dass es Gladio-Einheiten in Deutschland nie gab. “Das war eine glatte Lüge. Kohl wollte vor den ersten gesamtdeutschen Wahlen keinen Geheimdienstskandal.”

    Bislang ist es nicht einfach, die Glaubwürdigkeit Kramers einzuschätzen. Seine Äußerungen zum Anschlag auf das Münchner Oktoberfest 1980 könnten, wenn sie sich als richtig herausstellen, zu einem Staatsskandal führen (BND und Gladio in Oktoberfestattentat verwickelt?).

    Marcus Klöckner 09.05.2013

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    Dossier Von Nato-Geheimarmeen, Geheimdiensten und Terroranschlägen Gladio, Stay behind und andere Machenschaften

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    «Es war Nato gegen Nato»

    Im Luxemburger Jahrhundert-Prozess zu den Bombenattentaten in den 80er-Jahren sagte Andreas Kramer am Dienstag aus, der in einer eidesstaatlichen Erklärung behauptete, sein Vater habe als Geheimdienst-Mitarbeiter die Anschläge in Luxemburg (und auch der Schweiz) koordiniert. Claude Karger, Chefredaktor des Luxemburger «Journal», begleitet den Prozess.

    Der Historiker Andreas Kramer (rechts) unterhält sich mit Verteidiger Gaston Vogel in einer Prozesspause. (Bild: Pierre Matgé/Editpress)

    Der «Stay Behind»-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer alias «Cello» stecke hinter den Bombenattentaten im Grossherzogtum, die mithilfe von BND- und MI6-Agenten und zehn Luxemburger Unterstützern, die wiederum eigene Helfer angeheuert hätten, verübt wurden. Das sagte gestern sein Sohn, Andreas Kramer, unter Eid vor Gericht (siehe dazu den Artikel der TagesWoche «Der Sohn des Agenten»). Kramer Junior hatte bereits am 13. März eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Am 18. Prozesstag im «Bommeleeër»-Prozess gab er gestern ausführlich und detailliert Auskunft über die Informationen, die ihm sein im vergangenen November verstorbener Vater über Jahre mitgeteilt hat.

    Dieser habe ihm mit dem Tod gedroht, falls er mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit gehen sollte. Kramer Junior soll bei den Gesprächen auch erfahren haben, dass sein Vater, der ihn als «Stay Behind»-Agent habe aufbauen wollen, unter anderem auch verantwortlich für das blutige Attentat 1980 auf dem Münchner Oktoberfest (13 Tote und 211 zum Teil schwer Verletzte) war. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Sylvie Conter, weshalb er nicht mit den Informationen an deutsche Behörden gegangen sei, drückte der Zeuge sein Misstrauen gegenüber der deutschen Justiz aus, die im Fall München gar nicht weiter ermitteln wolle.
    Auch in Anschläge in Italien, München und Belgien verwickelt

    Die Attentate in Italien, in München und in Belgien seien Teil eines Beschlusses auf höchstem Nato-Niveau gewesen, genauer gesagt im «Allied Clandestine Committee», in das auch Luxemburg mit eingebunden war.

    Das ACC wurde damals von Kramer Seniors direktem Vorgesetzten, dem deutschen General Leopold Chalupa, dem damaligen Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Euro Mitte (CENTAG) geführt. Der Luxemburger «Service de Renseignement» sei direkt in die Befehlskette eingebunden gewesen. Als Koordinator verschiedener Operationen mit Geheimdiensten aus Deutschland, Grossbritannien und dem Benelux-Raum habe Kramer Senior sehr wohl Kontakt mit dem damaligen Geheimdienstchef Charles-Hoffmann gehabt, auch wenn dieser das abstreite, so sein Sohn vor Gericht.

    Der auch dabei bleibt, dass Hoffmanns «Stay Behind»-Truppe für sämtliche Sprengstoffdiebstähle in den Jahren 1984 bis 1985 verantwortlich war. Der Luxemburger SB soll übrigens nicht nur – wie offiziell immer behauptet wird – aus Funkern und Helfern bestanden haben, sondern auch eine «Angriffsgruppe», für die es einen speziellen Operationsleiter gab. Hoffmann habe die Gruppen strikt voneinander abgeschottet. Die Eskalation der Aktion in Luxemburg habe allerdings sein Vater betrieben, am Luxemburger Geheimdienstchef vorbei und auch ohne seinen Vorgesetzten Chalupa ins Bild zu setzen. Kramer Junior sagte, dass von deutscher, respektive Alliierter Seite etwa 40 Männer an den Anschlägen beteiligt waren – ausser an jenem in den Kasematten, das von «Mitläufern» verübt worden sei.
    «Nützliche Idioten»

    In wechselnden Gruppen. Jedesmal drei bis vier Agenten hätten sich nach Luxemburg begeben und seien dort von den von Kramer angeworbenen «Kontakten», die über die notwendigen Ortskenntnisse verfügten, begleitet worden. Namen habe sein Vater ihm nicht genannt, so der Zeuge, lediglich der Name Geiben sei gefallen. Ausserdem habe Kramer Senior gesagt, dass Leute aus der Gendarmerie rekrutiert wurden, insbesondere gute Motorradfahrer. Als «nützliche Idioten» habe Kramer Senior diese Helfer bezeichnet.

    Von einem Motorrad soll übrigens auch der Sprengsatz beim EG-Gipfel auf Kirchberg im Dezember 1985 abgeworfen worden sein. Die Sprengung des Wochenendhauses in Bourscheid im April 1985 soll übrigens ein Testlauf für die Kramer-Agenten gewesen sein, die danach Cegedel-Anlagen massiv ins Visier nahmen. Übrigens: Johannes Kramer selbst habe die Sprengfalle in Asselscheuer konzipiert und mit installiert. Eigenhändig habe er sogar drei der Erpresserbriefe an die Cegedel selbst geschrieben. Andreas Kramer hinterliess gestern eine DNA-Probe bei den Ermittlern, um sie mit Spuren zu vergleichen, die auf den Schreiben gefunden wurden.

    Zurück zu Charles Hoffmann: Der habe als Geheimdienstchef die Anschläge natürlich nicht akzeptieren können. Schliesslich trug er zum Teil die Verantwortung für die Sicherheit des Landes. Also habe er sich an CIA und FBI gewandt, in der Hoffnung, dass die Amerikaner dem Spuk eine Ende machen indem sie auf höchster Nato-Ebene intervenieren. «Es war Nato gegen Nato», fasste Andreas Kramer die Lage zusammen. «Die CIA war Hoffmanns einzige Chance, sich selbst zu schützen», sagt Kramer. Zwei Ermittler des FBI seien seinem Vater und dessen Einsatztruppe damals eng auf den Fersen gewesen.
    «Mit Hand und Fuss»

    1986 wurde Luxemburg aus dem Nato-Spannungsprogramm rausgenommen, deshalb hätten die Anschlagsserie plötzlich aufgehört. «Mein Vater wusste, dass mit Ermittlungen in der «Bommeleeër»-Affäre zu rechnen sei», sagt Andreas Kramer. Der BND-Agent sei übrigens bestens über den Stand der Ermittlungen in Luxemburg informiert gewesen. Auch lange nachdem er aus dem offiziellen Dienst ausgeschieden war. Anfang 2007 habe er seinem Sohn bereits anvertraut, dass die beiden angeklagten Ex-Gendarmen Marc Scheer und Jos Wilmes nichts mit den Bombenanschlägen zu tun hatten.

    Zu dem Zeitpunkt wusste die Öffentlichkeit hierzulande noch nicht, dass die beiden zusehends ins Visier der Fahnder gerieten. Wo sein Vater die Informationen her hat, wusste Andreas Kramer gestern nicht zu sagen. Kramer Senior hatte beim Verschwinden zahlreicher Beweisstücke offenbar seine Finger im Spiel. Diese, die, wie beim Prozess zu hören war, nur sehr ungenügend gesichert waren, habe er mit Unterstützung von SREL-Chef Hoffmann verschwinden lassen. Der keine Wahl gehabt habe, als mit anzupacken, die ganze Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Hoffmann hat in einem Interview bereits bestritten, dass er irgendetwas mit Johannes Kramer zu tun hatte und dass der Geheimdienst in die Bombenanschläge verwickelt war.

    Das Gericht überlegte gestern, ob Charles Hoffmann nicht sehr zeitnah zu den Aussagen von Andreas Kramer gehört werden sollte. Der Zeuge wird darum auch heute Mittwoch noch vor Gericht stehen. Der beigeordnete Staatsanwalt Georges Oswald hätte gerne noch präzisere Informationen zu einzelnen Punkten, die von Kramer angesprochen wurden. Seine Aussage dass er in drei Stunden zuviel «generelles Blabla» gehört habe, sorgte sowohl beim Zeugen selbst, als auch bei der Verteidigung für energische Reaktionen. «Die drei letzten Stunden waren die ersten drei, in der mit Kopf und Fuss über «Stay Behind» gesprochen wurde», hielt Me Gaston Vogel entgegen. Die Ermittlungen seien trotz vieler Indizien nie in diese Richtung weiter getrieben worden.

    Verteidigung zitiert aus Top-Secret-Dokumenten

    Die «Top Secret»-Dokumente vom Mai, respektive September 1985, die die Verteidigung gestern vorbrachte, tragen die Unterschrift des damaligen Premiers Jacques Santer. Der genehmigte in den 1980ern eine Reihe von Übungen von Geheimdienstagenten mit «services clandestins» aus Belgien, Frankreich und Deutschland. Die Rede geht klar und deutlich von «Exercices Stay Behind» «dans le cadre de l‘instruction pratique des agents SB». Die Missionen: «diverses opérations d‘infiltration et d‘exfiltration de matériel et de personnel par la voie aérienne aussi bien que par la voie terrestre». Nicht nur ein Indiz dafür, dass hinter dem offiziell als «schlafendes» Funker- und Schleuser-Netzwerk dargestellten geheimen Netzwerk viel mehr steckt. Sondern vor allem dass Parlament und Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang offenbar die volle Wahrheit vorenthalten wurde. Am 14. November 1990 trat Jacques Santer vor das Parlament mit folgender Aussage nachdem in ganz Europa «Stay Behind»-Netzwerke : «Je dois vous dire que j‘ai été aussi surpris que le Ministre belge d‘apprendre les activités de ce réseau qui ont défrayé le public et je ne crois pas qu‘un autre membre du Gouvernement en ait eu connaissance». Dabei unterschrieb der Premier regelmässig Genehmigungen für SB-Missionen!

    10.4.2013, 11:31 Uhr

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    BND und Gladio in Oktoberfestattentat verwickelt?

    Duisburger Historiker Andrea Kramer behauptet, sein Vater sei für den Anschlag mit verantwortlich gewesen

    Sagt Andreas Kramer die Wahrheit? War sein Vater für das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest aus dem Jahr 1980 verantwortlich? Wenn es stimmt, was der Duisburger Historiker derzeit erzählt, dann steht der Bundesrepublik ein gewaltiger Skandal bevor. Telepolis berichtete bereits ausführlich über Kramer und seine Rolle in dem derzeit in Luxemburg stattfindenden Bommeleeër-Prozess (Bombenleger), bei dem zwei ehemalige Polizisten, die Mitglieder einer Spezialeinheit der Luxemburger Polizei waren, angeklagt sind (Stay Behind – Agenten sterben einsam, BND-Schattenmann Kramer in tödlicher Mission?). Ihnen wird zur Last gelegt für diverse Anschläge auf Infrastruktureinrichtungen, die vor beinahe 30 Jahren in Luxemburg verübt worden sind, verantwortlich zu sein.

    Was zunächst lediglich nach einem inner-luxemburgischen Fall aussieht, hat sich schnell zu einem Prozess entwickelt, in dem das dunkle Kapitel der NATO-Geheimarmeen, die unter dem Namen Gladio oder Stay Behind bekannt wurden (Der lange Arm von Gladio und das Eingeständnis eines Bild-Reporters), neu in das Licht der Öffentlichkeit rückt.

    Kramer, der immerhin unter Eid in Luxemburg ausgesagt hat, dass sein Vater, der Offizier der Bundeswehr, Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und dazu noch in in das Netzwerk der NATO-Geheimarmeen eingebunden war, für das Attentat auf das Münchner Oktoberfest verantwortlich sei, rückt nun auch in das Interesse größerer deutscher Medien.

    In einem ausführlichen Interview vom vergangenen Sonntag in der Münchner Abendzeitung und in einem weiteren Interview in der taz von heute schildert Kramer detailliert den Hergang des Oktoberfestattentats aus seiner Sicht.

    Die offizielle Darstellung, an der es ohnehin genügend Zweifel gibt, ist ein Märchen. Der Terrorakt war eine gezielte und lange vorbereitete Aktion des Bundesnachrichtendienstes, für den mein Vater gearbeitet hat und in dessen Auftrag er auch gehandelt hat.

    Kramer beschreibt weiter, wie sein Vater zusammen mit dem angeblich für das Attentat allein verantwortlichen Gundolf Köhler, der bei dem Anschlag selbst ums Leben kam, die Bombe bei sich zuhause in der Garage gebaut habe.

    Und Kramer weiter: “Das geschah nicht nur mit Billigung, sondern im Auftrag höchster Militär- und Geheimdienstkreise.” Anzeige

    Mit Kramers Vorstoß in die Medienöffentlichkeit gewinnen die Vermutungen, wonach Köhler eben nicht Einzeltäter war, wie es in den offiziellen Berichten immer wieder dargestellt wurde, neuen Auftrieb. Seit vielen Jahren wird vermutet, dass Köhler den Anschlag nur mit Unterstützung von Hintermännern ausführen konnte. (Eine Vielzahl von Links zu den Zweifel rund um das Oktoberfestattentat findet sich hier).

    Mit Kramers Aussagen steht nun erstmalig, neben der offiziellen Version, eine in sich kohärente Schilderung der Hintergründe des Oktoberfestattentats im Raum, in der Planung, Motiv und Täter genau genannt werden. Berliner Filmemacher haben in den vergangenen Wochen einen Beitrag für 3Sat Kulturzeit zum Prozess in Luxemburg ausgearbeitet , der heute Abend im Fernsehen gesendet wird und in dem auch Kramer zu Wort kommt . .

    Kramer: Das passt sehr gut zusammen. Die Gladio-Truppen bestanden zu einem erheblichen Teil aus Neonazis und Rechtsextremisten. Gundolf Köhler, der Bombenleger von München und in der rechtsradikalen Szene eng vernetzt, war von meinem Vater angeworben worden. Er hat sich mehrmals mit ihm an seinem Wohnort in Donaueschingen getroffen, er hat die Komponenten für die Bombe besorgt, er hat sie zusammen mit Gundolf Köhler und einigen anderen Geheimdienstmitarbeitern gebaut.

    Ihr Vater hat die Bombe gebaut? Und er hat auch gewusst, wofür sie eingesetzt werden sollte?

    Kramer: Ja. Die Vorbereitungen für den Anschlag haben eineinhalb Jahre gedauert. Genau genommen wurden in einer Garage in Donaueschingen sogar drei Bomben gebaut. Eine wurde bei einem Test gezündet, eine andere in München verwendet. Was mit der dritten Bombe geschah, weiß ich nicht.

    Und das geschah mit Billigung des Bundesnachrichtendienstes? Oder handelte Ihr Vater nach eigener Überzeugung abseits der Befehlskette?

    Kramer: Das geschah nicht nur mit Billigung, sondern im Auftrag höchster Militär- und Geheimdienstkreise. Gladio war ja eine Organisation, die von der Nato eingefädelt worden war.

    Marcus Klöckner 07.05.2013

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    PsyOps in Luxemburg – welche Rolle spielte der BND? Die vorgetäuschten Terroranschläge bringen die Geheimdienste in Verlegenheit

    Die eidesstattliche, vor einem Luxemburger Notar abgegebene Versicherung des deutschen Historikers Andreas Kramer, der über die geheimdienstliche Tätigkeit seines verstorbenen Vaters berichtet, ist inzwischen online veröffentlicht worden. Johannes Karl Kramer, vormaliger Soldat zuletzt im Range eines Hauptmanns im Verteidigungsministerium, war auch hochrangiger Agent des BND gewesen. Seinem Sohn zufolge war Kramer Operationsleiter von GLADIO/Stay Behind und koordinierte Einsätze in Deutschland, den Benelux-Staaten und der „neutralen“ Schweiz. Über Kramers Schreibtisch sollen die Bombenleger-Aktionen koordiniert worden sein. Zweck der Operationen waren vordergründig Übungen für den Fall einer sowjetischen Invasion, konkret aber dienten sie zur psychologischen Kriegsführung in Friedenszeiten. So sollte die eigene Bevölkerung terrorisiert werden, um sie hierdurch auf einen Rechtsruck gegen die vermeintlichen Gegner im linken Spektrum einzuschwören.

    Kramer soll alle derartigen Aktionen mit dem späteren Chef des Luxemburger Geheimdienstes SREL, Charles Hoffmann, abgestimmt haben, der das Personal ausgesucht habe. Dieser soll in den 1970er Jahren an einem noch heute existenten NATO-Objekt in Sardinien für klandestine Spezialeinsätze ausgebildet worden sein. Hoffmann, der die Vorwürfe zurückweist, soll Gründungsmitglied des Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e.V. sein, in dem u.a. Geheimdienst-Veteranen der Öffentlichkeit bei der Interpretation der Realität behilflich sein wollen. Vor der 2003 erfolgten Gründung dieses Clubs der Spionage-Opas besorgte derartige Propaganda das damalige „Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik“, das der umstrittene Verfassungsschützer Hans Josef Horchem aufgezogen hatte. Von Anfang an dabei war der als Journalist posierende BND-Agent Wilhelm Dietl. Auch dieses Institut, das zu RAF-Zeiten die Presse mit hauseigenen „Terrorismus-Experten“ versorgte, wurde ebenfalls 2003 neugegründet, um nunmehr der Welt vom islamischen Terror zu künden.

    Die Sekretärin des BND-Strategen Kramer hatte in den 1970er Jahren tragische Berühmtheit erlangt. Es handelte sich um die rechtsgerichtete Heidrun Hofer, die von einem vermeintlich deutschen „Hans Puschke“ verführt wurde, der sie scheinbar für eine in Südamerika angesiedelte Alt-Nazi-Organisation anwarb. Tatsächlich allerdings war „Puschke“ der KGB-General Jurij Ivanowitsch Drosdow. Nach ihrer Enttarnung 1976 überlebte Hofer einen Suizidversuch. Doch auch Kramer soll nach Aussage seines Sohnes seit 1973 Doppelagent gewesen sein und an Moskau berichtet haben. Dies bedeutet nichts weniger, als dass das bis heute streng geheime GLADIO-Netzwerk auf hoher Ebene verraten worden war. Die Saboteure wären im Ernstfall daher sabotiert gewesen.

    Nachdem die geheimnisvollen Bombenanschläge, die seinerzeit Kommunisten und „Ökoterroristen“ in Misskredit brachten, nunmehr NATO-Geheimagenten zugeschrieben werden, bietet sich nun ein praktischer Sündenbock an. Im gestrigen Prozesstag, den das Luxemburger Wort protokollierte, wurde der einstige Waffenmeister der Luxemburger Polizei, Henri Flammang, für die übliche Rolle eines „Verwirrten“ gehandelt. Flammang soll krankhafter Waffennarr gewesen sein, der sogar sichergestellte Tatwaffen aus emotionalen Gründen nicht zerstören wollte. Bei Hausdurchsuchungen seien bei Flammang 434 Schusswaffen und über 70 kg Sprengstoff gefunden worden. Flammang soll unter wahnhaften Angstvorstellungen vor einer sowjetischen Invasion gelitten haben und sei vom Luxemburger Geheimdienst SREL als Agent angeworben worden. Flammang starb nicht durch die Hand eines Rotarmisten, sondern 1995 durch die eigene. Im Prozess wurde am Montag von einem angeblichen Abschiedsbrief gesprochen, in welchem sich Flammang als der Bombenleger zu erkennen gegeben habe. Das angebliche Dokument liegt jedoch bislang nicht vor.

    Zeugenaussagen berichten von vier Tätern. In Verdacht stehen neben den beiden angeklagten Polizisten und dem verstorbenen Waffenmeister Flammang der Gründer der Spezialeinheit BMG Ben Geiben, dessen verstorbener Stellvertreter Jos Steil – sowie ein Herr namens Jean Nassau, den Zeugen am Tatort gesehen haben wollen. Herr Nassau war vom britischen Militär ausgebildet worden und brachte es in der Luxemburger Armee zum Rang eines Capitaine. Geboren wurde Herr Nassau als Jean Félix Marie Guillaume Prinz von Luxemburg, verzichtete jedoch 1986 auf sein Anrecht auf die Thronfolge.

    Markus Kompa

    19 – 03 – 2013

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    Luxemburg: Deutscher BND-Mann bei Stay Behind Terroranschlägen involviert

    Hinter Bombenattentaten in Luxemburg, welche mithilfe von BND- und MI6-Agenten und zehn luxemburgischen Unterstützern vollzogen wurden, steckt Medienberichten zufolge der Stay-Behind-Leiter des Bundesnachrichtendienstes, Johannes Kramer (Alias Cello). Die zehn luxemburgischen Unterstützer sollen demnach eigens weitere Helfer rekrutiert haben. Der Sohn von Johannes Kramer, Andreas, hatte dies unter Eid vor Gericht ausgesagt. Eine eidesstattliche Erklärung wurde bereits am 13. März dieses Jahres abgegeben. Der Sohn von Kramer gab zu verstehen, dass er sein Wissen nicht hätte an die Öffentlichkeit bringen dürfen, da der Vater ihm mit dem Tode gedroht hätte. Der Stay-Behind-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer, war im November vergangenen Jahres verstorben. Auch hätte sein unter Eid vor Gericht aussagender Sohn in Gesprächen erfahren, dass sein Vater für das blutige Attentat 1980 auf dem Münchner Oktoberfest verantwortlich gewesen war. Kramer Senior wollte seinen Sohn demnach auch als Agenten für das Stay-Behind-Netzwerk anwerben. Auf die Frage vom Gericht hin, warum der Sohn denn nicht an deutsche Behörden herangetreten sei, sagte dieser, dass er Misstrauen gegen diese hegte, im Fall München hätte man gar nicht ermitteln wollen. Attentate in Italien, Belgien oder München waren Teil eines Beschlusses auf höchstem NATO-Niveau. Hier benannte man das Allied Clandestine Committee, in welchem auch Luxemburg mit eingebunden war. Jenes Allied Clandestine Committee soll damals von dem direkten Vorgesetzten von Kramer Senior geführt worden sein. Bei dieser Person handelt es sich um den deutschen General Leopold Chalupa, der ehemalige Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Euro Mitte (CENTAG). Auch sei der luxemburgische Nachrichtendienst Service de Renseignement de l’Etat (SRE) in die Befehlskette mit eingebunden gewesen. Der «Stay Behind»-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer, soll nach Angaben seines Sohnes als Koordinator bei Operationen mit Geheimdiensten aus Deutschland, Großbritannien und dem Benelux-Raum mitgewirkt haben, auch stand er im Kontakt mit dem ehemaligen Geheimdienstchef Charles-Hoffmann, obwohl dieser den Kontakt abstritt. Kramer Senior hätte verschiedene rekrutierte Figuren als “nützliche Idioten” bezeichnet. Im Jahr 1986 wurde Luxemburg aus dem Stay-Behind-Netzwerk (Spannungsprogramm) herausgenommen, womit die Anschlagsserie aufgehört hatte. Mehr dazu hier bei der TagesWoche: Bommeleeër-Affäre – “Es war Nato gegen Nato”

    15.04.2013

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    Geheimdienst SREL: EX-Chef Hoffmann über Stay Behind-Zelle in Luxemburg

    Beim luxemburgischen Untersuchungsausschuss stand am Dienstag Charles Hoffman als dritter Geheimdienstdirektor Rede und Antwort. Dieser leitete den SREL in den Jahren von 1985 bis 2003. Beigetreten war er dem Dienst 1976. Es ging bei der Befragung unter anderem auch um das sogenannte “Stay Behind” Netzwerk. Vor Beginn der Erklärung sagte Hoffmann, dass der Geheimdienst niemals für eine “politische Partei” gearbeitet hätte. Mit Blick auf die Bommeleeër-Affäre könne er keine Angaben machen, da die Staatsanwaltschaft in der Sache noch ermitteln würde, so der Ausschusspräsident Alex Bodry. Hoffmanns Aufgabenbereich war die Gegenspionage und die Terrorbekämpfung. Als EX-Chef des SREL gab er auch wenige Details über die Stay-Behind-Zelle in Luxemburg bekannt, die er leitete. “Bis zu” zwölf Personen gehörten dieser an, welche einander nicht kannten, hieß es. Selbst er hätte nicht gewusst, wer der Zelle angehöre. Im Fall einer angenommenen Besetzung (Sowjet) in den Zeiten des Kalten Krieges wäre es die Aufgabe der Untergrundzelle gewesen, Informationen über den Feind zu liefern, so Hoffmann. Bei logischer Betrachtung hört sich dies ein “wenig” ominös an, dass Hausfrauen, Lehrer, Handwerker und Eisenbahner im “Fall einer Besetzung” einen auf “Spitzel” machen sollten, um so Informationen zu gewinnen. Für derartige Aufgaben standen sicherlich auch offizielle Strukturen in Militär etc. bereit, in einem angenommen Fall, dass mit einer “Besetzung” derartige Informationsbeschaffungsaufgaben umgesetzt werden sollten. Innerhalb der Befragung von Hoffmann hieß es unter anderem, dass während den Zeiten des Kalten Krieges, wenn Bürger aus einem Land kamen, das damals zum potenziellen Feind gehörte, man diese beobachtet hätte. Sie „wurden auch gefragt“, ob sie „für uns arbeiten wollen“. Das sei die Arbeit der Spionageabwehr gewesen. Zudem hätte es damals zu seinem Aufgabenbereich gehört, Terrorbekämpfung durchzuführen. Hier erinnerte Hoffmann daran, dass es damals in den Nachbarländern, in den 1970er und 1980er Jahren, aktive Terrorgruppen gegeben hatte. In Luxemburg kontrollierte man auch, ob sich Individuen dieser Gruppen im Land aufhielten. Zu Stay-Behind. Das war eine internationale Struktur der Alliierten, „nicht eine der Nato“. So hätte auch die Schweiz mitgemacht. Die Agenten hätten einander nicht gekannt, er habe sie als Chef auch nicht gekannt. Nur die Person, die das Stay-Behind-Mitglied rekrutiert kannte er. (weiterer Verlauf hier) Eine Woche zuvor wurde der vormalige SREL-Chef Marco Mille vernommen. Dieser wurde 2003 Chef des SREL (Service de Renseignement de l’Etat). Er hätte damals eine “Black Box” vorgefunden, da die [wie üblicherweise praktiziert] Abteilungen voneinander abgeschottet gearbeitet hätten. Die gesammelten Informationen waren “nicht allgemein” verfügbar, was auch für Informationen in den Dossiers der Bombenanschläge und “Stay Behind” gegolten habe, so Mille. Nach seinen Angaben wollte er das etablierte Abschottungssystem [Anm. z.B. Matrjoschka-Prinzip, Zwiebelring oder Pyramidal] “reformieren”, was jedoch “nicht gut” angekommen sei. Es habe große Widerstände gegenüber Neuerungen gegeben, sagte der Ex-SREL-Chef. (weiterführend hier) 21.11.12: Eine Splittergruppe im Geheimdienst? 25.03.12: Luxemburgs Schattenkämpfer Dr. Daniele Ganser zu den Berichten des parlamentarischen Geheimdienstkontrollausschuss über „Stay behind“ und die Rolle des SREL bei den „Bommeleeër“-Ermittlungen – Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen [PDF] (18. Juli 2008) Italien: Das im Jahr 1990 wegen Mordes an drei Carabinieri verurteilte Gladio- und Ordine Nuovo-Mitglied Vincenzo Vinciguerra erklärte zu den Hintergründen der Verbrechen (Strategie der Spannung): „Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten. […] Diese politische Logik liegt all den Massakern und Terroranschlägen zu Grunde, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich ja nicht selber verurteilen kann.“ Buch zur Thematik “Gladio”: Verdeckter Terror – Nato Geheimarmeen in Europa – Autor Daniele Ganser (ISBN 978-3280061060) – Daniele Ganser, geb. 1972 in Lugano, ist Historiker, spezialisiert auf Zeitgeschichte nach 1945 und internationale Politik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Friedensforschung, Geostrategie, verdeckte Kriegsführung, Ressourcenkämpfe und Wirtschaftspolitik. Er unterrichtet am Historischen Seminar der Universität Basel und forscht zum “Peak Oil”, dem globalen Kampf ums Erdöl, und dem so genannten “Krieg gegen den Terrorismus”.

    27.01.2013

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    Eine Splittergruppe im Geheimdienst? Ausschuss befasste sich mit dem Lauschangriff auf Colonel Harpes

    (ham) – Die jüngsten Entwicklungen in der Affäre Bommeleeër sowie ein Relikt des kalten Krieges standen am Mittwoch auf der Tagesordnung des parlamentarischen Geheimdienstausschusses, zu der auch Srel-Chef Patrick Heck geladen war. Konkret ging es in der Sitzung um das Netzwerk „Stay Behind“ sowie um den vermeintlichen Lauschangriff auf den ehemaligen Chef der Gendarmerie, Colonel Aloyse Harpes in den Jahren 1985 und 1986.

    Unterliegen die Beratungen des parlamentarischen Ausschusses der Geheimhaltung, so lieferte der Vorsitzende François Bausch dennoch Einblicke in die Erkenntnisse der morgendlichen Sitzung. Im Sinne der Allgemeinheit und da die meisten Elemente bereits in der Öffentlichkeit diskutiert würden, begründete der Abgeordnete gegenüber dem „Luxemburger Wort“ diese Entscheidung.

    Bezüglich des „Stay behind“-Netzwerkes gebe es keine Spuren, dass Verbindungen zu anderen paramilitärischen Gruppierungen bestanden habe, die auch im Ausland operierten. „Stay behind“ war ein Teil des geheimen Gladio-Netzwerkes der Nato, das für den Fall der Besetzung durch feindliche Truppen nachrichtendienstliche Aufklärung leisten und Sabotageakte verüben sollten.

    Kein offizieller Abhörbefehl

    Was nun den Lauschangriff auf Colonel Aloyse Harpes angeht, so habe der „Service de renseignement“ (Srel) keinen Anhaltspunkt gefunden, dass eine solche Aktion auf dem Höhepunkt der Bombenanschläge in den Jahren 1985 und 1986 offiziell verordnet und durchgeführt worden sei.

    Ein Zeuge, der selbst an der Abhöraktion beteiligt gewesen sein will, hatte sich 2009 zu Wort gemeldet und behauptet, der Chef der Gendarmerie sei von der Kaserne auf dem Herrenberg aus ein Jahr lang abgehört worden.

    François Bausch betonte am Mittwoch, dass sich diese Erkenntnisse auf den offiziellen Dokumenten und Aussagen von Mitarbeitern aus jener Zeit stützten.

    Nun könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine Gruppierung unabhängig gehandelt habe. „Der Geheimdienst konnte uns aber nicht garantieren, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Unstimmigkeiten innerhalb des Srel gegeben hatte“, betonte Bausch.

    Da die jüngsten Enthüllungen in der Bommeleeër-Affäre immer wieder Ex-Mitarbeiter der damaligen Gendarmerie ins Rampenlicht rückten, und solche auch beim Srel tätig waren, gewinne die Hypothese einer Gruppe, die auf eigene Faust gehandelt haben soll, an Bedeutung.

    Vertrauen in aktuelle Srel-Mitarbeiter

    Im gleichen Atemzug versicherte François Bausch aber, dass der Ausschuss absolutes Vertrauen in die aktuellen Mitarbeiter des Luxemburger Nachrichtendienstes habe. Man dürfe diese Leute nicht in einen Topf mit Ex-Mitarbeitern werfen, die von diesen Enthüllungen betroffen seien. Schließlich sei die Arbeitsweise des Srel vor der Reform des Nachrichtendienstes ein Relikt des kalten Krieges gewesen.

    Der Lauschangriff selbst sei laut Srel-Chef Patrick Heck technisch möglich gewesen, wenn auch mit einer mobilen Abhörvorrichtung. Nun soll der „Service de renseignement“ aber kein solches Gerät besessen haben. Im Gegensatz zur damaligen Gendarmerie, die Aufzeichnungen zufolge in den achtziger Jahren eine mobile Abhörstation bestellt hatte.

    Veröffentlicht am 21.11.12 19:59 Vorlesen

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    Stay Behind – Agenten sterben einsam: Zeuge Andreas Kramer sagt im Geheimdienstprozess über seinen geheimnisvollen Vater aus

    Im Luxemburger Bombenleger-Prozess wurde am Dienstag der bislang wohl spektakulärste Zeuge Andreas Kramer vernommen. Der Duisburger Historiker hatte vor einigen Wochen u.a. den deutschen Bundesnachrichtendienst in einer eidesstattlichen Versicherung belastet, in den 1980er Jahren in inszenierte Terroranschläge verwickelt gewesen zu sein. Kramers Vater, Johannes Karl Kramer, sei beim BND ein Strippenzieher gewesen, der mit dem damaligen Leiter des Luxemburger Geheimdienstes SREL Bombenanschläge geplant habe, um die Bevölkerung auf einen Rechtsruck einzuschwören.

    Die Aussagen, die Kramer im Luxemburger Gerichtssaal machte, sind sensationell – vielleicht sogar zu sensationell. An einigen Punkten widersprach sich der Historiker, der immerhin unter Eid aussagte. Während von Zeugen die möglichst interpretationsfreie Schilderungen von Tatsachenwahrnehmung erwartet wird, kommentierte Kramer eifrig und verkündete laut Protokoll des LUXEMBURGER WORT, in Deutschland habe es keine Möglichkeit gegeben, Informationen an die Presse und Justiz weiterzugeben, da die Aufarbeitung des Stay-Behind in Deutschland systematisch unterdrückt werde. Der Zeuge Kramer gibt an, in den 1990er Jahren Chefarchivar im Bundestag gewesen und als solcher auch mit Geheimdienstangelegenheiten befasst gewesen zu sein. Für einen Akademiker in ehemaliger Führungsposition, der gerade den Medienauftritt seines Lebens absolviert, war Kramer erstaunlich leger gekleidet. Auch das offenbar fahrige Auftreten und der Mitteilungsdrang des Zeugen fördern nicht gerade seine Glaubwürdigkeit, sondern wecken Assoziationen zu verschrobenen Verschwörungstheoretikern, wie sie etwa im Spielfilm Fletchers Visionen dargestellt werden.

    Was von Kramers Aussagen zu halten ist, was wirklich aus seiner Beobachtung stammt, oder was er aus Büchern übernommen hat oder selbst schlussfolgert, ist schwierig zu beurteilen. Anderseits gibt es viele Sachverhalte, die lange als Verschwörungstheorien galten und lächerlich gemacht wurden, sich dann jedoch als zutreffend herausstellten. Bei Whistleblowern, die etwa eingeschüchtert wurden, kommt es häufiger vor, dass diese “ein bisschen durch den Wind” sind, zumal es vorliegend um eine tragische Vater-Sohn-Beziehung geht. Sollten nur einige der von Kramer gelieferten Puzzle-Stücke echt sein, dann hätte es sich schon gelohnt, sich mit Kramers spektakulärer, aber mit Vorsicht zu genießender Aussage zu befassen.

    Kramer sagte laut Protokoll des LUXEMBURGER WORT aus, sein letztes Jahr verstorbener Vater Johannes Karl Kramer sei Verantwortlicher des Stay-Behind-Netzwerkes in Deutschland gewesen. Dieser habe keine Freunde gehabt, so dass er sich praktisch nur seinem Sohn habe anvertrauen können, den er für Stay Behind (“GLADIO”) habe rekrutieren wollen. Unter dem Deckname “Cello” habe der Schattenmann bis zu seinem 70. Lebensjahr in der “Abteilung 4” des BND gearbeitet und sei mit der Koordination von NATO-Geheimdiensten befasst gewesen. U.a. an der Bombenserie in Luxemburg sei er unmittelbar beteiligt gewesen und hätte diese mit dem damaligen Chef des Luxemburger Geheimdienstes, Charles Hoffmann, gemeinsam geplant. Kramer senior habe mit Hoffmann einem „Allied Clandestine Committee“ angehört, das Bundeswehr-General Leopold Chalupa unterstanden habe. Kramer hätte jedoch hinter dem Rücken von General Chalupa eigenmächtig gehandelt.

    Kramer will mit seinen Enthüllungen den Tod seines Vaters abgewartet haben, weil dieser ihm selbst mit dem Tod gedroht habe, falls er auspacken werde. Diese Drohung habe er ernst genommen, da Johannes Karl Kramer nicht nur zu Morden fähig gewesen sei, sondern solche geradezu manisch begangen hätte und daher Strafverfolgung hätte befürchten müssen. So sei der BND-Mann in das Münchner Oktoberfest-Attentat verwickelt gewesen, bei dem vieles auf GLADIO deutet. Die konkret Beteiligten habe Johannes Karl Kramer als “nützliche Idioten” bezeichnet.

    Luxemburg sei als Operationsort gewählt worden, weil das Großherzogtum damals noch nicht das Haager Abkommen zur Landkriegsordnung unterzeichnet hätte, die Sprengfallen verbiete. Hoffmann sei mit Kramer senior keineswegs befreundet gewesen, habe sich sogar eigens an die CIA gewandt, weil er keine weiteren Anschläge in Luxemburg dulden wollte. Das FBI (das für die Ermittlungen gegen Doppelagenten usw. zuständig ist) sei Kramer senior auf den Fersen gewesen, habe von ihm jedoch wegen Unkenntnis der Benelux-Länder an der Nase herumgeführt werden können. Kramer gab an, sein Vater habe einige der Erpresserbriefe selbst geschrieben. Dieser habe vermutet, das FBI hätte ihn überführen können, hätten sie damals die DNA-Analyse zur Verfügung gehabt. Kramer selbst gab im Gerichtssaal eine Probe seiner eigenen DNA.

    Johannes Karl Kramer, der selbst Sprengmeister gewesen sei, habe seinem Sohn zufolge auch seine Finger beim Anschlag auf das EG-Gipfeltreffen auf dem Luxemburger Kirchberg gehabt. Er habe damit geprahlt, die Sicherheitsvorkehrungen überwunden zu haben. Die Bombe sei von einem Motorrad geworfen worden. Der Schattenmann soll von einer Brigade aus Luxemburg berichtet haben, die Motorräder eingesetzt habe. Der einzige Namen, den Kramer insoweit nannte, war der von Ben Geiben, jenem Super-Flic, der die Einheit gegründet hatte und danach Sicherheitschef von Euro-Disney wurde.

    Dass Hoffmann mit Stay Behind befasst war, lässt sich nunmehr kaum abstreiten. So veröffentliche Strafverteidiger Gaston Vogel einen Brief Hoffmans, in dem dieser von einer “Stay Behind-Übung” spricht. Dieser trägt den handschriftlichen Vermerk “d’accord” (“Einverstanden”) von keinem Geringeren als Ehrenstaatsminister Jacques Santer vor. Der allerdings hatte Vogel zufolge immer wieder behauptet, von Übungen mit belgischen, französischen und britischen Geheimdiensten nichts gewusst zu haben. Au contraire …

    UPDATE: Anders, als in der ursprünglichen Fassung angegeben, scheint der Zeuge Kramer nicht promoviert zu haben.

    Markus Kompa
    09.04.2013

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